Wir sind alle polyamor, nur wissen wir es nicht ...
Ups, was für eine provokante Formulierung. Ich denke, wir sind wirklich alle polyamor aber nur wenige haben die Möglichkeit, es auch zu leben. In diesem Beitrag versuche ich mal diesen, meinen Standpunkt darzustellen.Wir lernen (besser gesagt: dürfen lernen) unsere Eltern zu lieben, unsere Geschwister zu lieben, unsere Verwandten zu lieben ... und wir müssen lernen, nur einen Geschlechtspartner lieben zu dürfen.
Ich liebe meine Geschwister, meine Eltern, meine Großeltern, meine Verwandten, meine Freunde ... Zu all diesen Menschen habe ich Bindungen. Diese Bindungen drücken sich für mich durch Gefühle füreinander aus. Je intensiver die Gefühle, desto intensiver die Bindung und auch der Wunsch des sich körperlich nah seins und ab einem gewissen Punkt spreche ich, sprechen wir in unserer Gesellschaft von Liebe.
Aus dieser Liebe heraus können - als intensivste, körperlich ausgelebte Form bei einem passenden gemischt-geschlechtlichen Paar - Kinder entstehen (die dann hoffentlich in eben dieser Liebe aufwachsen). Für mich ist die Körperlichkeit jedoch nicht einem solchen Paar vorbehalten, sondern steht allen offen, die ihre Gefühle miteinander ausleben wollen. Mag es eine liebe Umarmung zur Begrüßung/Abschied sein oder ... Dies ist den Beteiligten vollkommen frei überlassen, wie sie ihre miteinander empfundene Zuneigung körperlich zum Ausdruck bringen und/oder ausleben wollen. Für mich gilt es also nicht nur für die hetero-, sondern auch für alle homo-körperlichen Beziehungen.
Fühle ich mich zu einem anderen Menschen stark hingezogen, so entwickel ich Gefühle für ihn und mit der Zeit kann daraus auch Liebe entstehen. Die Fähigkeit als soche dazu hat fast jeder von uns aber sich dessen Bewußt zu sein und es auch leben bzw. erleben zu wollen, ist wenig verbreitet. Es wird uns im Rahmen unserer Sozialisation nicht vermittelt, wie wir es infolge dessen auch nicht weitergeben.
Die Bereitschaft diese Empfindungen füreinander aufzubauen und dann gegebenenfalls auch körperlich auszuleben ist aus meiner Erfahrung zudem noch davon abhängig, inwieweit die jeweiligen Beziehungsgeflechte der Beteiligten eine solche weitere emotionale Beziehung zulassen.
Also nicht nur die persönliche Fähigkeit (bzw. das fehlende Wissen um die Fähigkeit) des einzelnen ist für mich das begrenzende Element polyamor zu leben/leben zu können. Für mich ist auch das persönliche Umfeld entscheidend, unabhängig davon, ob es nun traditionell momoamor geprägt ist oder vollkommen polyamor lebt.
Was denkt ihr?