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Polysuffizienz

Polysuffizienz
Heute bei der Gartenarbeit und nach Lektüre des aktuellen BUND-Magazins kam mir ein interessanter Gedanke:
Nämlich, ob die viel diskutierte polyamore „Verbindlichkeit“ nicht möglicherweise mit dem hochaktuellen Wert der „Suffizienz“ (in etwa: „ein genügend an“ / Genügsamkeit) in engem Zusammenhang steht (beide Größen tauchen, aus dem angloamerikanischen Bereich kommend, dann auch seit Beginn des Jahrtausends verstärkt im Diskurs auf: z.B. Elaine Cook: Electronic Journal of Human Sexuality – Commitment in Polyamory// Thomas Princen: MIT Press - The Logic of Sufficiency; jeweils 2005).

Weder Suffizienz noch Verbindlichkeit sind nämlich bequem und beide werden ebenfalls gerne als Beschränkungen wider unsere volle persönliche Freiheit hingestellt.

Die Synthese beider Werte in die Polyamorie kann mit dem leicht abgewandelten Suffizienz-Slogan „Manche Polyamoristen behandeln ihre Partner, als hätten sie noch weitere im Kofferraum...“ schnell hergestellt werden. Oder, anders gesagt: Manch Eine/r handhabt ihre/seine Polyamorie so, als ob da stets genug (weitere) Fische im Wasser wären.
Ist, wer Verbindungen mit dieser Einstellung aufnimmt, folglich so unverbindlich wie insuffizient?

Von hedonistischer Seite aus müssen sich Suffizienz und Verbindlichkeit viel Kritik gefallen lassen.
Dabei wird meist die oben erwähnte Einschränkung der persönlichen Freiheit ins Feld geführt, die allerdings häufig eher eine Verteidigung der eigenen Bequemlichkeit, sprich Komfortzone ist: Erwünscht ist, was gefällt – gefällt es nicht mehr, weg damit und auf zu neuen Ufern...
Diese Personen scheinen, wenn sie diesbezüglich Suffizienz oder Verbindlichkeit hören, vor allem „Du mußt verzichten!“ zu verstehen und darum ändern sie nichts an ihrem Verhalten sondern machen weiter wie gewohnt. Manchmal mag dabei auch Zweifel an der Wirksamkeit oder Resignation dahinterstecken – aber auch diese beiden Gründe sind ja meist von uns beauftragte Wächter, die uns am Tor unserer Komfortzone vor dem gefährlichen „Jenseits“ bewahren sollen...

Wann ist also – auch in Beziehungsdingen - „gut“ gut genug?
Ist da überhaupt Platz für Spaß und persönlichen Genuß?
Ich denke ja, da „Genuß“ ja tatsächlich eine Frage der eigenen Haltung ist. Nachhaltige und langfristige, mich nährende soziale Kontakte geben mir jedenfalls mehr, als wöchentliches „Polyspeeddating“ mit ungewissem Ausgang. Und obwohl der Aufbau solcher Kontakte selbstverständlich mehr Zeit in Anspruch nehmen wird, werden diese „eingewachsenen“ Beziehungen, in die ich Pflege investiere, mittelfristig meinen Kopf freier machen, weil sie ein hohes Maß an Verläßlichkeit und Berechenbarkeit aufweisen.
Ob das langweilig klingt und irgendwie nach Einschränkung?

Wenn ich an die Maxime „Niemand soll immer mehr haben wollen müssen“ denke, dann fällt mir auf, daß mich oberflächliche Beziehungen oder der „Kick nach Neuem“ letztendlich doch immer unzufrieden zurücklassen werden, so daß ich eher früher als später doch wieder „mehr/was anderes haben möchte“.
Suffizienz und Verbindlichkeit kann indessen durchaus Platz im Rahmen verschiedener Lebensentwürfe erhalten. Dabei ist für mich vor allem ausschlaggebend, ob ich mich als „selbstbestimmt“ wahrnehme oder ob ich stattdessen „immer auf dem Sprung bin“.
Selbstbestimmung klingt da für mich eher nach Freiheit.
Wieder also Frage nach der so oft ins Feld geführten „persönlichen Freiheit“ hinsichtlich Unverbindlichkeit in der Beziehungsführung...

In Beziehungsdingen gibt es für mich im Gegenzug aber kein Recht, zulasten möglicher Partner*innen zu agieren. Es ist evtl. des Nachdenkens wert, welchen Preis ich morgen oder übermorgen absehbar mit mehr oder weniger unzufriedenen Partner*innen zahlen werde, wenn ich HEUTE auf meine persönliche uneingeschränkte Freiheit poche.

Oft wird im Zusammenhang mit Suffizienz und Verbindlichkeit auch gerne vom „rechten Maß“ gesprochen. Ist das nicht reichlich „anmaßend“, so etwas festzulegen?
Tja. Sobald ich mich „in Beziehung“ begebe, gilt es in jedem Fall über den Zugang und die Verteilung von begrenzten Ressourcen zu entscheiden. In der Polyamorie sind das oft Zeit, Aufmerksamkeit, manchmal auch Geld für Unternehmungen. Unsere Werkzeuge diesbezüglich lauten Gemeinschaftlichkeit und Transparenz. Und es sollten für alle Beteiligten möglichst viele Freiheitsräume gewahrt bleiben, um das jeweils individuell „rechte Maß“ zu bestimmen.

Ohne Suffizienz in meinen Beziehungen kann ich mir solche komplexen Themen eigentlich gar nicht vorstellen, schon allein, weil eine gemeinsame Kommunikationsbasis dafür nötig ist.
Und ohne Verbindlichkeit fehlt mir die Grundlage, mich dieser Arbeit in meinem Beziehungsgarten mit meinen Mitgärtner*innen zu stellen: Heute, morgen und solange die Liebe hält.
(Glen von Glen_Ilme)
*****964 Frau
287 Beiträge
Danke
Für deine Gedanken.
Manches muss ich noch mal durchlesen, denn ich bin jetzt nicht so philosophisch dass ich alles auf anhieb verstanden hätte *kopfklatsch* .
Aber eines ist mir doch bewusst geworden. Ich stehe gerade in der situation, dass ich in einer schlnen, mich erfüllenden triade steh. Wir uns aber nur an den Wochenenden sehen. Und ich eine grosse sehnsucht danach habe, auch unter der Woche liebe Menschen um mich zu haben. Ich habe dann auf einem Polystammtisch tatsächlich jemanden kennengelernt, dem ich sehr zugetan bin. Jedoch der männliche teil meiner triade damit z.zt. Nicht klar kommt. Wir uns aber auf den Weg gemacht haben, da eine gute Lösung für alle zu finden. Nur ist da eben geduld und zeit gefragt. Für mich stand die Frage im Raum ob ich die mich umgebende Liebe aufgeben will um meine "Freiheit" zu leben? Inwieweit fühle ich mich eingeschränkt wenn ich jetzt sage, okay ich lasse mir Zeit mit dem nächsten schritt. Auch wenn ich jetzt für eine gewisse Zeit meine Sehnsüchte nicht sofort erfüllt bekomme. Dafür habe ich aber im Gegenzug die sozialen Kontakte, die mich langfristig glücklich machen. Das hab ich jetzt verstanden durch deinen Beitrag. Danke *top2*
Vllt. Ist mein Beitrag nicht verständlich, macht aber nix, für mich ist jetzt vieles verständlich geworden *freu2*

Lg
Petra
*********bulae Paar
16 Beiträge
*g*
Gärtnern ist Arbeit
Das ist etwas, worüber ich oft nachdenke.
Mir wurde nie von meinen Lieben der Vorwurf gemacht, ich würde zu viel wollen- aber ich selbst frage ich mich oft, ja beinahe bei jedem noch so harmlosen Flirt eigentlich: Kriege ich den Hals nicht voll?
Natürlich stelle ich fest, dass dem nicht so ist, Bestehendes geht immer vor, ich vertiefe lieber was ich habe, als dass ich mich in irgendwas Neues stürze, besonders weil ich gelernt habe dass es Kapazitäten kostet, und da delegiert man eben ungern Energie (in welcher Form auch immer) von den Lieben weg. Die Messlatte liegt auch verdammt hoch, weswegen Begegnungen schnell höflich Grenzen gesetzt werden.
Viel zu lang habe ich in halbgare Sachen investiert, wo von beiden Seiten gleich viel kam, aber eben nicht genug. Da geht man in sich und fragt sich eben, was da nun wichtig ist; und zieht seine Schlüsse.

Oder auch: ist das hier ein Problemchen, was sich recht leicht lösen lässt (mit etwas Herzblut) oder doch so fundamental, dass man lieber getrennte Wege gehen sollte? Auch hier stellt sich mir eine gewisse Frage der Genügsamkeit, kann das weg oder schätzen wir unsere Gegenwart genug um dabei zu bleiben?
Das Problem habe ich zur Zeit mit J., sie ist in ihrem Studium an einem kritischen Punkt, an dem sie sich eingeigelt hat, und man deswegen fast nichts, und wenn nur reaktiv, von ihr zu hören bekommt- und da reden wir gerade nur von einfachen Nachrichten, denn davor lief zwischenmenschlich und physisch auch nicht mehr alles wie gewohnt, aber da denkt man sich eben: hey, das ist eine Phase. Und nun geht die Phase schon verdammt lang, und man hat sich eigentlich auch verdammt lang schon gern. Dass sie viel in ihr Studium investiert heiße ich gut, aber ich frage mich nun: soll das jetzt noch das ganze halbe Jahr so weitergehen? Denn ich würde meinen, über einen so langen Zeitraum findest man Zeit für einander, wenn man es nun will. Muss ich nun mehr aus mir herausgehen oder kann ich davon ausgehen dass es doch Desinteresse ist, was mir entgegengebracht wird? Soll ich investieren, in dieses gerade sehr einseitige Verhältnis, oder eben nicht? Natürlich will ich, aber eben auch mit jemanden der zusammen das Pflänzchen pflegen will, was wir zusammen ausgesät haben.

Kurzum: ich denke auch, dass es eine Menge Arbeit, Energie und Wille ist, wenn man etwas Nachhaltiges möchte und nicht möglichst lange oberflächlichen Träumerein nachjagt. Der Schlüssel liegt, wie wir alle wissen, in diesem goldenen Wörtchen Kommunikation.
Ich bin generell eine Verfechterin dessen, dass man seine Dankbarkeit und Wertschätzung trainiert, besonders in diesem Bereich, und wünsche mich im Ausdruck meiner Dankbarkeit immer weiter entwickeln zu können, besonders mit meinen Lieben zusammen.
*******enig Mann
8.278 Beiträge
ich vermute mal,
der Reservepartner im Kofferraum bzw. das ausreichend gefüllte Goldfischglas dürften so ziemlich die weitverbreitetsten Missverständnisse zum Thema Polyamorie sein. Wer andere Partner als Emotionsreserve begreift, früher sagte man "Notnagel" dazu, bzw. als "Reserven", auf die man ausweichen kann, falls es zuhause mal Krach geben sollte, der hat das Wesen dieser Beziehungsform nicht verstanden. Und - soweit würde ich mich getrauen vorzupreschen - ist auch nicht geeignet für eine Zweierbeziehung, weil nämlich überhaupt beziehungsuntauglich.

Polyamorie hingegen ist eine verbindliche Beziehungsform zwischen mehr als nur 2 Partnern. Da mag es Haupt- und Nebenfrauen geben, Männer und Hausfreunde, oder wie auch immer man abstufen mag und wie auch immer es zum jeweiligen Beziehungskonstrukt passen mag, aber alle Einzelbeziehungen haben eine gewisse Verbindlichkeit, die natürlich auch graduell unterschiedlich ausfallen kann. Und vor allem wissenn alle Mitspieler jederzeit, wie viele Partner gerade an Bord sind. Alles andere ist Fremdgehen, offene Partnerschaft oder was auch immer, jedenfalls keine Polyamorie.
******ore Frau
4.493 Beiträge
Nur muss man sich vom Gefühl, polyamor zu sein erstmal ins wahre polyamore Beziehungsleben vorarbeiten....

Und da kommen oft (bei mir und auch bei anderen beobachtet) erstmal eine Menge Bedürfnisse hoch. Begegnungen, Begehren, Anziehung hat dann oft eher die Funktion, den (oftmals nach-mono-ehelichen geschundenen) Selbstwert aufzubrezeln.....

Dann früher oder später der Wunsch nach mehr Verbindlichkeit, aber leider - da ohne Erfahrungen auf diesem Gebiet- als harte Lernarbeit. Und ich habe das Gefühl, dass an DER Stelle oft Begegnungen nicht auf Augenhöhe stattfinden. Die einen sind noch in der Phase am Anfang, die anderen haben schon mehr Erfahrungen gemacht. Da finden viele Missverständnisse und Kränkungen statt.

Ein Hoch auf die, die sich - was das angeht- auf Augenhöhe begegnen und sich auch längerfristig gut tun.

Wenn ich eine Trennung ausspreche, weil ich den anderen noch in der "promisken Anfangsphase" sehe, was mir nicht gut tut, bin ich innerlich klar und überzeugt von der Notwendigkeit. Übrigens nicht wegen der anderweitigen erotischen Aktivitäten, sondern wegen der dann auftretenden Unfähigkeit, wirklich zwei Menschen beziehungsmäßig gerecht zu werden-
meint: getroffene Verabredungen werden eingehalten, Krisengespräche zeitnah geführt, bindungsfördernde Zeitgestaltung findet weiter statt (da gibt es in jeder Beziehung andere Dinge: Telefonate, Gespräche, gemeinsame Hobbies, etc.).

Wenn der andere die Trennung auspricht, fühle ich mich erfahrungsgemäß öfter ohnmächtig: der andere trifft eine Entscheidung, die Auswirkungen auf mich hat, denen ich ins Auge sehen muss.....

Mein Gefühl: auf Vernetzungstreffen und auch hier im Forum findet viel Bewusstseinsmachung statt, die notwendig ist, eigene Erfahrungen anderen zugänglich zu machen und von anderen Erfahrungen durch die innere Auseinandersetzung zu profitieren.
Dass es dabei zuweilen kontrovers zugeht liegt in der Natur der Sache........
*********bulae Paar
16 Beiträge
Dankbarkeit
Um aus den vielen Aspekten der Diskussion einen herausragenden aufzugreifen, komme ich auf Frau Langstrumpf und die Dankbarkeit zurück. Kaum etwas trägt mich seit so langer Zeit wie ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit in Beziehungen. Immer wieder an eigene Unzulänglichkeiten stossend muss ich am Ende demütig erkennen, dass ich nur bestehe, weil die, die mich lieben, Nachsicht üben, Verständnis haben, nicht fordern und das füllt mich mit Dankbarkeit. Dort wo ich es nicht schaffe, etwas zu erarbeiten, ein erstrebenswertes Ziel nicht erreicht wird, weil ich scheitere, dort empfinde ich Dankbarkeit für die Nachsicht und Gnade, die meine derzeitigen Partner mir entgegenbringen. Es ist vielleicht nicht der Verzicht auf die Forderung sondern die Zufriedenheit mit dem was ist, was dazu führt. Dankbar zu sein, für das, was man hat, ist nicht nur in der Beziehung eine wichtige Säule der inneren Zufriedenheit. Meine Wahrnehmung dafür ist geschärft, weil ich leider lange Zeiten verschiedenen Mangels erleben musste. Manchmal kann harte Arbeit Mangel beheben, manchmal ist es aber nur Gnade oder Glück, wenn ein Mangel endet. Das Bewusstsein, was alles nicht selbstverständlich ist, bleibt. Um den Bogen zur Suffizienz zu spannen: es stellt sich nicht die Frage, ob was ich habe mir genug ist. Es ist klar, dass es alles übertrifft, was ich je gehofft habe.

der Elbe
Ihr Lieben,
wir möchten gerne auf den ausführlichen und persönlichen Beitrag des Elben eingehen.

Ersteinmal gefällt uns, wie er das Wohlwollen und die Zugewandtheit in polyamoren Konstellationen beschreibt. Beides scheinen auch uns Grundzutaten für sowohl Verbindlichkeit als auch Suffizienz zu sein.
Unsere Verbindlichkeit befähigt uns ja geradezu, nachhaltig in unseren Beziehungen zu leben - und nicht beim ersten Auftreten von Schwierigkeiten die "Flinte ins Korn zu werfen", sondern miteinander die entstandenen Herausforderungen anzugehen.
Auch Dankbarkeit und eine gewisse Demut scheinen uns in polyamoren Konstellationen gute Eigenschaften zu sein, gerade um das gemeinsame Ganze als zusammen erschaffenes Geschenk immer wieder zu feiern und es nicht als gegebene Selbstverständlichkeit zu konsumieren (paßt auch gut zur Suffizienz *g*).

Indessen haben wir in dem Zusammenhang Verständnisschwierigkeiten mit folgenden Sätzen:
Dort wo ich es nicht schaffe, etwas zu erarbeiten, ein erstrebenswertes Ziel nicht erreicht wird, weil ich scheitere, dort empfinde ich Dankbarkeit für die Nachsicht und Gnade, die meine derzeitigen Partner mir entgegenbringen.

Dankbar zu sein, für das, was man hat[...]
Wenn wir einen Liebsten wertschätzen, dann ist es bei uns nicht so, daß wir ihn "trotz seiner/ihrer Defizite ganz ok" finden...
Das klingt für uns zu sehr nach einer "Hab' nichts, kann nicht, bin nichts..."-Kette, die da in Betrieb ist. Und dann können unsere Liebsten also dankbar ob unserer Nachsicht und Gnade sein... *nein* Nein, so sehen wir das ganz und gar nicht.

Wir schätzen unsere Lieblingsmenschen gerade wegen ihrer Einzigartigkeit, Unaustauschbarkeit, Individualität und eben auch Eigenheiten! Sie sind doch vom Dasein mit dieser Einzigartigkeit ausgestattet - und gerade darum begehren wir sie.
Von wegen "Hab' nichts, kann nichts, bin nichts..." - im Gegenteil: Sie HABEN tolle Eigenschaften, sie KÖNNEN uns bereichern und ergänzen, sie SIND fantastische Menschenwesen!
Darum gehen wir mit ihnen in Beziehung.
Wenn wir "dankbar sein mit dem was man hat" hören, dann klingt das für uns nach ach so edler Selbstverleugnung, Selbstbescheidung - und leider auch nach unter-Wert-einschätzen. *snief*
Das wäre so, als ob wir mit dem Suffizienzgedanken ein rostiges Taschenmesser als Dosenöffner verwenden, weil es diesen Dienst gerade noch so schlecht und recht leisten kann - und wir doch "dankbar" sein sollen, daß wir die Dose nicht mit einem Nagel öffnen müssen.
Suffizienz hingegen ist für uns, uns einmal im Leben den Dosenöffner unserer Träume zu leisten - und dieser verrichtet dann effizient und pannenfrei bis zum Ende unserer Tage seinen Dienst, weil er so außerordentliche Qualität und Performance besitzt.
Mit dieser Energie von Qualität und Einzigartigkeit nehmen wir auch unsere Beziehungen auf!
Wir sind überhaupt nicht bescheiden, wir wollen für uns das Beste.
Und das ist auch gut so.
Denn sonst müßte jeder Beziehungsmensch von uns - der sich nur als bescheiden und gnädig angenommen wahrnimmt, befürchten, daß er/sie/es jederzeit austauschbar wäre, gegen einen "besseren/anderen Dosenöffner"....
Brrrr. Schrecklicher Gedanke. Und gar kein bißchen suffizient.
Also in jedem Fall geht für uns Qualität vor Quantität!

Genau darum mögen wir auch hier nicht zustimmen:
Manchmal kann harte Arbeit Mangel beheben, manchmal ist es aber nur Gnade oder Glück, wenn ein Mangel endet.
Daß Menschen unsere Liebsten sind, daß wir in Beziehung mit ihnen gehen, daß wir uns Bedürfnisse erfüllen, daß wir immer besser zum Wohlbefinden von einander beitragen - das ist von unserer Seite aus keinesfalls Gnade oder Glück oder Zufall.
Dafür kann Mensch etwas tun. Dafür muß man proaktiv sein.
Suffizienz ist für uns nicht das stille Glück im Winkel, daß sich mit genügend Bescheidenheit und Zurückhaltung gewiss irgendwann vielleicht einstellt.
Es ist ein individuell herbeiführbarer Prozeß, bei dem wir jede Menge Auctoritas und Handlungsspielraum besitzen. Es ist KEIN Zufall, welchen Dosenöffner wir kaufen - es ist KEINE Beliebigkeit, mit der wir Liebste und Lieblingsmenschen um uns vereinen. Es ist ein bewußter Akt unseres gestalterischen Willens, der, ja, auch mit Anstrengung und gelegentlich ent-täuschendem "try and error" verbunden ist.
Verlieben kann man sich plötzlich - aber echte Liebe wächst durch gemeinsam nachhaltige Vorgehensweise.
Suffizienz und Verbindlichkeit sind für uns keine schicksalhaften Gnadenakte. Es sind Willensentscheidungen.
Und für unsere grandiosen Liebsten entscheiden wir uns immer wieder. Jeden Tag!
*********ueck Frau
10 Beiträge
Dosenöffner
Welch ein herrliches Bild, dieser "Dosenöffner". *g* Ich musste sehr schmunzeln beim Lesen.
Aber ich stimme dir/euch, Glen_Ilme, an vielen Punkten zu: es ist ein tägliches, bewusstes Entscheiden FÜR mein jeweiliges Gegenüber und FÜR mich. Das Glück fällt mir nicht einfach in den Schoß, ich entscheide mich für mein Glück und tue täglich etwas, damit es wächst und gedeiht.
Zu der Suffizienz fällt mir noch etwas anderes ein: Ich erlebe es oft, dass Menschen so "hungrig" sind - nach Begegnung, nach körperlicher Nähe, nach Austausch, nach Gesehen-Werden. Und aus diesem Hunger gehen sie auf andere Menschen zu und in Beziehung. Wenn ich aber im Mangel bin und hungrig und bedürftig, dann brauche ich mein Gegenüber immer zur Bedürfniserfüllung.
Auf der anderen Seite darf ich selbst erfahren, wie beglückend es ist (mit dem richtigen "Dosenöffner" *lach* an der Seite), sich so voll mit Liebe zu fühlen, dass ich gar nicht anders kann, als mich zu verströmen. Und das führt nicht zwangsläufig zu vielen anderen Beziehungen oder was auch immer, sondern betrifft meinen täglichen Umgang mit Menschen, meine Freundschaften und meine Begegnungen, die (natürlich nicht immer, aber immer öfter) zu einem tiefen, liebevollen mit sich gegenseitig wahrnehmen und sehen und erkennen führen. Auch das bedeutet für mich Polyamorie. Offen zu sein, dass ich mein Gegenüber liebe, unabhängig, in welcher Beziehung wir zueinander stehen.
Effizienz, Suffizienz und Konsistenz
Wir haben das Thema natürlich auch mit unseren Lieblingsmenschen diskutiert und sind dabei auf Menschen gestoßen, die sich noch eingehender damit auseinandergesetzt haben.
Das hat uns wiederum in unserer "Unerschütterlichkeit" *g* zum Weiterdenken gebracht...
Wir hoffen, die angehängte Graphik schafft es:
Denn - auch auf Beziehungsebene empfinden wir durchaus die Gegenwärtigkeit von ökonomischen, sozialen und ökologischen Zielen:
Ökonomie spielt immer eine Rolle, wo man ein gemeinsames Projekt verfolgt (z.B. Kinder zusammen erzieht, ein Haus abbezahlt...). Sozial bedarf in Gemeinschaften von mehr als zwei Lieblingsmenschen eigentlich gar keiner Erklärung, und Beziehungs-Ökologie beinhaltet eben jenen verantwortungsvollen Umgang mit den Ressourcen, den wir oben alle gemeinsam skizziert haben.
Und da wird es dann nun spannend, ob unsere Beziehungen oder Beziehungsnetzwerke "effizient", "suffizient" oder "konsistent" ausgerichtet sind (bzw. von allem ein bisschen!).
Denn bei den "ökologischen Zielen" gefällt und in Hinsicht auf Beziehungen die Kreislaufgerechtigkeit, die versucht vor allem dem Gesamtgeflecht zu Gute zu kommen und auch das Außen im Blick hat; bei den "ökonomischen Zielen" fasziniert uns die Bedürfnisbefriedigung (die ja auch in der "Gewaltfreien Kommunikation" eine wichtige Rolle spielt) - und bei den "sozialen Zielen" besticht natürlich die inter- (=zwischen) und intra- (=nach innen) gerichtete Gerechtigkeit, bei der sich darum bemüht wird, die individuellen Einzelbeziehungen gut zu gestalten.
Nun ist ein Beziehungsgeflecht vielleicht doch kein Wirtschaftskreislauf.
Aber Menschen sind - und das gehörte ja zu unseren Eingangsbemerkungen - keine Waren oder "Dienstleister" zur Befriedigung unserer Plaisirchen...
In dem Sinne verstehen wir die Überlegungen von Suffizienz, Effizienz und Konsistenz in Hinsicht auf polyamore Beziehungen schon als einen Beitrag zu einem "neuen" Denken im Hinblick auf unsere Rolle in der Gesellschaft.
Allein, DASS wir uns hier gemeinsam über diese Themen unterhalten bestätigt uns darin, daß Polys nicht unbedingt bessere Menschen sind - aber auf vielerlei Ebenen doch sehr bewußte, die die Dinge gerade nicht so nehmen, wie sie oberflächlich sind - und die darum bemüht sind, ein "größeres Bild" im Auge zu behalten, was bei den eigenen Lieblingsmenschen bereits beginnt.
Also egal ob effizient, konsistent oder suffizient...: Seid gut zueinander.
Und schon liebt Ihr nachhaltig!
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