Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
BDSM & Polyamorie
1139 Mitglieder
zum Thema
Liebe, Zeit, Pflege - Polyamorie?333
Ich beschäftige mich momentan immer mal wieder mit dem polyamoren…
zum Thema
Warum Liebe nicht immer reicht164
Feste Beziehungen sind ein Thema für sich - denke ich.
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Poly- Wieviel Dogma gibt es?

Poly- Wieviel Dogma gibt es?
Seit einiger Zeit bin ich in der Polygrupoe und konnte bemerken, dass kaum eine Gruppe so spannend und erkenntnistreibend diskutiert, wie diese Gruppe. Trotz allem möchte ich diese Gruppe verlassen und der Poly- Welt den Rücken kehren. Denn ich persönlich sehe in der Polywelt einen Knoten, der in sich selber verdreht ist: damit meine ich jenseits der Bildersprache, dass Poly an seinem eigenen, inneren Widerspruch scheitert und dadurch viel Leid in Beziehungen trägt. Der Widerspruch entsteht für mich dadurch, dass "wir" der Lüge ein vehementes "Nein" entgegen schleudern, unseren Liebespartnern alles offen darlegen, gegen One's sind und selbstverständlich alle unsere Partner lieben- und selbst wenn's nur so eine Form von Liebe ist. Damit nähert man sich unweigerlich religiösen Dogmen an, die Liebe mit Sex gleich setzten wollen und müssen. Zur Not tut es dann auch die Eintagesehe im Islam: Schnell mal heiraten, damit man schuldfrei vögeln kann. Poly macht etwas Ähnliches, bedient sich jedoch lediglich einer anderen, intellektuelleren Terminologie. Damit wird Poly für mich zum Dogma, das seine Anhönger beruhigt: wir lieben uns ja alle, was wir tun, ist ideologisch einwandfrei.
Jede Gesellschaft braucht Dogmen, da sie Struktur schaffen- unsere, doch eher freiheitlich gesinnte braucht Poly. Ich möchte einen anderen Weg gehen- möchte aber wie ein kleiner Polyp alle Polys umarmen, weil "da" unendlich viele tolle Menschen unterwegs sind. *bye*, bye. 💕
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
Hallo Lady,
wirst Du denn noch die Antworten auf Deinen Post verfolgen? Wenn nicht, kann ich mir die Mühe des Schreibens sparen. Ich bin seit Gründung der Gruppe dabei, habe einiges mitgelesen und mir auf meinem Poly-Weg ein paar Gedanken und Entwicklungen durchgemacht. Wenn sie aber keine Chance haben, Dich zu erreichen, lass' ich es.

Herzlich
Tom
****e59 Frau
3.501 Beiträge
@Lady-Maitea
*******itea:
und selbstverständlich alle unsere Partner lieben- und selbst wenn's nur so eine Form von Liebe ist. Damit nähert man sich unweigerlich religiösen Dogmen an, die Liebe mit Sex gleich setzten wollen und müssen

Ich gebe dir da zumindest teilweise Recht. Zumindest in der jüngeren Generation treffe ich häufig auf die Meinung, dass polyamor leben auch immer Sex haben bedeutet...
Wenn ich denen erzähle was für mich Polyamorie ist ernte ich überwiegend Kopfschütteln und Unverständnis.

Eigentlich schade, dass auch hier Schubladendenken vorherrscht.
********2015 Frau
744 Beiträge
@Tom
Deine Gedanken dazu würden mich sehr interessieren *g*
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
Nur mal die Kurzfassung
Was die TE schreibt, habe ich schon vor 11 Jahren im Wesentlichen ebenso beobachtet, benannt und kritisiert. Geändert hat sich wenig bis nix.
Nur mein Umgang damit. Wenn jemand mit seinem Dogma besser lebt, soll er doch. Wenn er mir's überhelfen will, kann er gern versuchen.
Ich habe (hoffentlich) gelernt, es für mich anders zu leben, und mit dem, was andere Polies denken, muss ich nix anfangen. Gleichschaltung ist vorbei. Auch wenn bestimmte Werte im Kern feststehen, z.B. Ehrlichkeit und vollständige Info, soweit wie gewünscht.

Mittlerweile verstehe ich Polyamorie als Einladung zur Liebe - nicht als Voraussetzung oder Rechtfertigung für sexuelle Handlungen ohne Lebensabschnittsbegleitungs- oder Partnerschaftsabsichten.

Ich bin immer noch Poly. Manchmal etwas frustriert, aber im Tenor gerne.
Und viiieeel ruhiger geworden... - eigentlich angekommen.

T*lol*M

P.S. Die Langfassung mit allen Zwischenstationen finde ich grade gar nicht mehr wichtig. Kostet alle auch viel Zeit. Muss nicht sein.
********iner Paar
793 Beiträge
Blitzgedanken...
....ohne Anspruch auf Vollständigkeit oder pc

1. Sehe ich bei Dir eine gehörige Portion Lebenserfahrung

2. Schwingt eine Portion Enttäuschung durch - vom Anspruch der Polyamorie enttäuscht oder von Menschen?

3. Ich bin auch immer wieder erstaunt wie schnell (oder soll ich sagen nach Bedarf *nachdenk*) Liebe, Sex und beides zusammen beim Vorhandensein mehrer Partner mit Polyamorie gleichgesetzt wird

Ich wünsche Dir ein dogmenfreies Leben.

Der weibliche Teil von den Randberlinern
*********lebee Mann
1.262 Beiträge
Bussi . . . :-)
Neulich als letzte Zeilen von einer Ex-Freundin, der ich per Zufall wieder über den Weg gelaufen bin . . .

"Wie nett. Wir sind gegenseitig umeinander besorgt.
Bussi"

. . . sie hatte sich von mir 2017 getrennt. Musste ich sie deswegen aus meinem Herzen werfen ? Nein. Die Liebe darf doch bleiben. Wir hatten seitdem kaum Kontakt . . . bis letzte Woche. Und was folgte war eine höchst liebevolle Kommunikation. Unabhängig davon, ob wir jetzt Sex haben oder nicht.

Aber was ist das denn, wenn ich mich um einen anderen Menschen 'sorge' . . . für ihn 'sorge' . . . in liebevoller Hinwendung ? Achtsamkeit ? Da bin, wenn ich gebraucht werde oder auch nur das Gefühl habe, gebraucht zu werden ?

Wie weit ist es von da bis zu . . . 'Resteficken' (habe ich neulich in 'nem anderen Thread im Polyforum gelesen) . . . wobei ja beim 'Resteficken' auch eine Art von Gefühl, um nicht zu sagen Liebe, mit dabei ist*, es sei denn, ich kann wirklich nicht mehr klar sehen und denken (aber dann funktioniert ja auch meist sonst nicht mehr viel) . . .

Wenn ich also sage, dass ich 'meine' Frauen alle auf eine Art liebe (selbst wenn ich nicht mit ihnen zusammen wohne, noch derzeit irgendeine Art von Familienplanung anstrebe) . . . bin ich dann dogmatisch oder kann das nicht einfach auch so . . . sein ?

*wenn ich Poly zum Dogma stilisiere . . .
. . . ein Ast . . . mit vielen Blüten . . . :-)
**********ars12 Paar
364 Beiträge
Es funktioniert die wirkliche Monogamie ein Leben lang eh nicht, sonst würden zumindest die meisten Menschen so leben....doch die meisten Monos haben Seitensprünge oder leben serielle Monogamie, eine Scheidung nach der anderen.

Wieviele Menschen verlieben sich in der Ehe, und leiden darunter...


Poly zu leben gibt mir die Möglichkeit ehrlicher zu sein zu den Menschen die ich Liebe und zu mir selbst.
******ore Frau
4.493 Beiträge
Wenn Dogma, kann es ja wohl kaum das Gefühl betreffen, was alle polyamoren Menschen verbindet: mehrere Menschen zu lieben.
(Wer an dieser Stelle schon mogelt, belügt sich in erster Linie selbst)

Was Dogmen bzgl. der Umsetzung des Gefühls in Beziehung angeht, so gibt es dort vermutlich genau so viele Definitionen, wie für Monos die Frage, wo fremdgehen beginnt und was Ehrlichkeit genau ist.

Ob nun mit Sex, ohne Sex, nur Sex, verbindlich oder unverbindlich, das entscheidet ja jeder für sich selber und hier ist nur ein Treffpunkt zum Austausch....

Von Menschen, deren Definition keine Schnittpunkte mit meiner hat, kann ich mich fernhalten.

Meine eigene Definition schärft sich nach 7 Jahren Polygefühl weiter und ich habe momentan das Gefühl, bald wieder bei Mono angekommen zu sein, habe aber auch das Gefühl, ich werde nie wieder so mono sein, wie je zuvor.
In erster Linie bin ich nämlich gründlich bei mir angekommen und gehe aus dem Gefühl anders mit Liebe und Beziehung um.
*******ster Mann
1.770 Beiträge
"einen Knoten, der in sich selber verdreht ist", sehe ich hier gelegentlich auch, dabei bin ich ja Frischling hier.
Dogmatik ist Mumpitz. Dogmatik heißt heute festzuschreiben, was ich übermorgen richtig finden muß.
Deinen Vergleichen zu Religionen kann ich so nciht zustimmen, aber das ist in der Sache auch nicht wichtig, denn ich glaube das Verglichene begreife ich durchaus.
Ja, es ist bestimmt oft ein in sich selbst verschlungener Knoten und oft genug eine Rechtfertigung oder eher noch ein spärliches Feigenblättchen, aber der Mißbrauch schändet ja die Idee nicht.
Ich mag hier am meisten den letzten Absatz von themisabeth.
Ihr Gefühl, bald wieder im Mono anzukommen, aber anders, als früher.
Könnte mir vorstellen, daß Du das für Dich ähnlich erlebst.
Bin gespannt, ob es mir auch so gehen wird.
******ore Frau
4.493 Beiträge
Und nochmal zur Ergänzung: Mono "nur" als Beziehungsmodell, weil mir Verantwortung für Beziehung klarer und wichtiger geworden ist.
Poly fühlen wird nie weggehen! Das ist so tief verankert.... aber auch daraus kein Dogma machen, sondern frei und leicht sein und bleiben!
Schau mir in die Augen, Kleines (202311)Schau mir in die Augen, Kleines (202311)
*********herz Mann
3.908 Beiträge
@Randberliner
2. Schwingt eine Portion Enttäuschung durch - vom Anspruch der Polyamorie enttäuscht oder von Menschen?

Enttäuscht sein kann ich letztlich immer nur von meinen Vorstellungen. In meiner Naivität und sehr schöner Anfangserfahrungen hatte ich es mir leichter, unbeschwerter vorgestellt - im erotischen, aber besonders sozialen Miteinander mehrerer Menschen. Damals hatte ich ja 0 Menschenkenntnis, heute ein bisschen mehr - wenigstens im Polykontext.
Die größten Fortschritte sehe ich in meiner Persönlichkeitsentwicklung. Die wiederum war nur möglich, weil es eben nicht immer nur Friede, Freude, Feierkuchen war; bei Letzterem stünde ich heute woanders, als jetzt. Da wo ich jetzt bin, bin ich zufrieden.

Herzlich
Tom
******_67 Mann
77 Beiträge
Einfach Mal locker bleiben.
Hier ist immer alles so tiefschürfend, so aufgeladen, fast esoterisch. kenne auch kein Forum mit längeren Texten.

Wenn man aus der Phase heraus ist, sich jedem erklären zu müssen, auch sich selber, dann wird man dann doch locker, aber nicht oberflächlich und verliert Verlustängste. Nach einiger Zeit kommt irgendwie Ruhe rein und man genießt Intensive Zeit miteinander oder man hat einfach auch mal seine Ruhe und kann alleine sein.

Ich kann mir ein Leben in Ausschließlichkeit nicht mehr vorstellen.

*musketiere*
Ich liebe ganz viele Menschen ohne sexuelle Handlungen (und auch ohne, dass es mir mit lieber wäre). *g*

Solche Probleme entstehen immer in einem selbst, aufgrund von Erwartungshaltungen an die Anderen. "Poly" als Kult zum Rumvögeln gibt es schon seit Hippie-Gurus in den 70ern sich ihre willigen Harems mit ihrer Ideologie gehalten haben. Das bedeutet nicht, das das von der Polyamorie ansich unterstützt wird. Nur das toxische Menschen überall immer etwas finden werden um toxisch zu sein.
****on Mann
16.042 Beiträge
Mir kommt's auch so vor, als werde darum gerungen, was "richtige" Polyamorie sei, wie sie "richtig" und wie sie "falsch" gelebt und empfunden wird, was "zwingend" dazugehört, und was auf gar keinen Fall.

Dahinter steckt meinem Gefühl nach der Wunsch, einer sozialen Gruppe "wir Polyamoren" anzugehören. Gruppenzugehörigkeit stellt sich ein durch Abgrenzung von verwandten Konzepten. Und so entwickeln identitätsstiftende Gruppen zur Schärfung ihres Profils strenge Innenregeln, Zugehörigkeitsdogmen.

Wem's wurscht ist, dazuzugehören, der verzweifelt an der Dogmensucht. Wie ich... und doch beteilige ich mich dran und will den schönen Gedanken umfassender Liebe für Viele nicht verunstaltet sehen durch diejenigen, die einmal gegebene Treueversprechen glauben brechen zu dürfen mit dem Hinweis: Tja, bin halt polyamor - was soll ich machen *nixweiss* ?

Ein Weg wäre, dass jeder seine Polyamorie selbst beschreibt und ausfüllt, ungeachtet irgendwelcher von anderen vorgegebenen Definitionen. Das nimmt dem Begriff jede Schärfe und identitätsstiftende Kraft, aber gibt dafür ein Sammelwort für die Freiheit, Liebe selbstbestimmt auszugestalten.

Wenn schon Dogma, wäre mein Lieblingsdogma vielleicht: Polyamorie darf jeder für sich selbst definieren.
****e59 Frau
3.501 Beiträge
****on:
Wenn schon Dogma, wäre mein Lieblingsdogma vielleicht: Polyamorie darf jeder für sich selbst definieren.

bin dafür *dafuer*
*********Limit Mann
311 Beiträge
Für mein Verständnis ist Polyamorie eine andere Art und Weise, mit dem (bei Polys wie Monos vorhandenen) Bedürfnis nach "mehr als nur eine/r" umzugehen.

("Die Monos tun's heimlich, die Polys reden darüber", der Unterschied ist hier bekannt.)



Unabhängig davon sind die konkreten Vorstellungen von diesem "Mehr" unterschiedlich von Mensch zu Mensch. Von "mehr als nur eine/n vögeln" bis "mehr als nur eine/n lieben" (mit vielen Zwischenstufen natürlich)

Männer neigen tendenziell eher zum ersteren, Frauen zu letzterem.
(Sagen die Soziologen und die Lebenserfahrung, auch wenn es natürlich Ausnahmen gibt.)


Threads wie diesen, wo meist Frauen sich über Poly(männer) enttäuscht zeigen, erinnere ich einige.

Ich denke, Poly wird als Dogma wahrgenommen (oder benutzt), wenn ein Partner mehr liebt und sich mehr Verbindlichkeit wünscht, der andere aber seine Freiheit verteidigt und sich dabei auf Poly beruft statt sich mehr einzulassen.
*******erli Paar
4.342 Beiträge
Zur Not tut es dann auch die Eintagesehe im Islam: Schnell mal heiraten, damit man schuldfrei vögeln kann.

Sex ohne Schuldgefühle ist immer möglich.

Der Widerspruch entsteht für mich dadurch, dass "wir" der Lüge ein vehementes "Nein" entgegen schleudern, unseren Liebespartnern alles offen darlegen, gegen One's sind und selbstverständlich alle unsere Partner lieben- und selbst wenn's nur so eine Form von Liebe ist.

Menschen nicht zu belügen, ist nun bestimmt kein Widerspruch.

Wenn nicht einmal, das Nein ..... zur Lüge übrig bleibt, benötigt man keinen Oberbegriff, in welcher Form auch immer, um sich von One-Night-Stands, Affären oder sonstigen sexuellen Erlebnissen jeder Art, ob einmalig oder mehrmalig, abzugrenzen.

Ich habe meine Sexpartner/innen bestimmt nicht alle geliebt, wozu auch *nixweiss* um sexuell aktiv zu werden, genügt es völlig .... Lust auf Sex zuhaben oder jemanden sexuell attraktiv zu finden.
*******yson Mann
215 Beiträge
Verblüfft...
...bin ich immer, wenn Leute versuchen, Polyamorie als ein in sich geschlossenes Glaubenssystem hinzustellen.

Ich dachte immer, Polyamorie beschreibt die innere Haltung, es für möglich zu halten, einvernehmlich mehr als einen Menschen zu lieben.

Alles andere sind Wege, damit umzugehen. Manche Wege funktionieren besser, andere schlechter - und je nach Konstallation von Menschen mal der Eine, mal der Andere.
*****al4 Mann
795 Beiträge
Komisch.
Keine Ahnung, ob ich zu einfach denke und fühle, aber - mir fallen hier in der Gruppe und den Diskussionen auch immer wieder Dogmen auf. Aber ehrlich gesagt auch schon im Eingangsthread.

Vielleicht bin ich wirklich zu einfach gestrickt, denn ich habe aus einer Haltung heraus, ob nun politisch, spirituell, religiös oder sonstwie mental, noch nie eine Erektion bekommen können; noch nicht einmal den Ansatz von Lust, und wirklich schon garnicht von Verliebtheit. Irgendwie passiert mir das einfach. Ich fühle mich angesprochen, bin neugierig, irgendetwas schwingt da plötzlich anders und irgendwie miteinander.

Und für mich ging das auch genauso los: ich war in einer liebevolle Beziehung und habe mich dennoch in einen anderen Menschen verliebt. Und genau da ging das Chaos los. Von schlechtem Gewissen (das darfst du nicht; liebst du deinen Partner nicht genug?) über Angst, dem Partner weh zu tun (Liebe heisst doch, den Anderen nicht zu verletzen, oder?), über Unsicherheit (bist du nicht verbindlich oder gar beziehungsunfähig?) bis hin zu ganz kleinen, ganz spitzen Nadeln, die mich pieksten und in grosse Scham und Selbstzweifel führten.

Und alle Bücher, die ich gelesen habe zu dem Thema, ob nun in Form von Case-Studies oder mit Focus auf Eifersucht und Selbstwert und Gesellschafts- und Gemeinschaftsgestaltung, alle diese Bücher gingen davon aus, das man sich verlieben kann, auch wenn man in Liebe ist. Und in vielfältigster Weise wird besprochen und diskutiert und reflektiert, wie man damit umgehen kann. Wie man es leben kann, was vielleicht daran hindert. Was die eigene Sozialisation und Erziehung damit zu tun hat, und was die gesamte Kultur- und Gesellschaftsgeschichte und Gemeinschaftsform damit zu tun hat. Aber immer ausgegangen vom Einzelnen, der als Individuum in genau diese Situation gelangt: ich liebe und verliebe mich dennoch und ich möchte das gern zu leben versuchen.

Und genau da und genau deswegen finde ich es völlig komisch, irgendwelche Allgemeinaussagen zu machen, und das schon im Ansatz. Was jeder unter Liebe versteht und was er da lebt, das ist seine Sache, seine Welt und seine Gefühle, die er wirklich nur mit demjenigen abgleichen und austarieren muss, mit dem er in Beziehung geht. Und wenn er mit mehreren in Beziehung geht, dann muss es eben unter diesen klar gemacht werden - aber nur unter diesen. Mit ist völlig unverständlich, wie man überhaupt auf die Idee kommt, irgendjemandem klarmachen zu wollen, was denn bitte Liebe und Poly ist und was nicht. Und ja: in Offenheit und Ehrlichkeit mehrere zu lieben unterscheidet sich Poly von kürzeren oder längeren Affären, die heimlich geführt werden.

Ich für mich bemerke an mir selbst immer wieder, das ich allgemeingültige Aussagen, Glaubenssätze und damit letztlich Dogmen dann brauche, wenn ich unsicher bin und irgendwie einen Halt oder eine Autorität brauche, an die ich mich anlehnen kann und die ich anderen auch irgendwie als Erklärung, als Rechtfertigung für mein Denken, Fühlen und Handeln nennen kann. Ich versuche das zumindest wahrzunehmen, schlicht um mir auch klar zu machen, das das Konstruktionen und Erklärungen sind, die morgen garnicht mehr stimmen müssen und die ich morgen hoffentlich nicht mehr brauche - und die auf andere überhaupt nicht zu übertragen sind. Wir müssen uns überhaupt nicht einig sein, das dies oder das genau so zu sehen ist.

Was mir aber echt supermäßig aufstösst, ist diese Diskussion um Polyamorie und Sex. Ich kann ja Poly sein ohne Sex - ich kann ja mehrere lieben, ohne mit ihnen Sex zu haben.
Klasse das ihr das könnt. Ich finde es ehrlich gesagt anmaßend, sich damit als polyamor zu bezeichnen. Denn im Umkehrschluss heisst das, das tausende von Generationen und Millionen von Menschen entweder sowieso polyamor waren und sind oder schlicht nicht lieben konnten oder können. Oder wollt Ihr die Menschen nicht sehen, die ihre Beziehungen definitiv exclusiv und monogam leben - und zwar sexuell, und über diese Beziehung hinaus sehr wohl andere Menschen lieben, aber eben definitiv nicht sexuell?
********2015 Frau
744 Beiträge
@Lateral4
*danke* für diesen tollen Beitrag, der wunderbar beschreibt, was ich hier beim Lesen und Befassen mit dem für mich neuen Thema wahrgenommen habe - nämlich, dass jeder für sich persönlich die Polyamorie definieren muss und es keine allgemeingültigen Vorgaben gibt.

Ich für mich bemerke an mir selbst immer wieder, das ich allgemeingültige Aussagen, Glaubenssätze und damit letztlich Dogmen dann brauche, wenn ich unsicher bin und irgendwie einen Halt oder eine Autorität brauche, an die ich mich anlehnen kann und die ich anderen auch irgendwie als Erklärung, als Rechtfertigung für mein Denken, Fühlen und Handeln nennen kann.

Mir sind gerade mit diesen Ausführungen einige Erkenntnisse gekommen *g*
****on Mann
16.042 Beiträge
*****al4:
Was mir aber echt supermäßig aufstösst, ist diese Diskussion um Polyamorie und Sex. Ich kann ja Poly sein ohne Sex - ich kann ja mehrere lieben, ohne mit ihnen Sex zu haben.
Klasse das ihr das könnt. Ich finde es ehrlich gesagt anmaßend, sich damit als polyamor zu bezeichnen.

Ich gehöre ja zu denen, die Polyamorie für sich selbst allenfalls am Rande auch sexuell verstehen, aber eigentlich "Amorie" als wortwörtliche Liebe, als Amors Pfeil verstehen. Als maximal fühlbare Zuneigung. Ich bin anmaßend, weil ich sage, dass ich polyamor fühle? Weil ich in fast allen Fällen sexlos liebe?

*****al4:
Denn im Umkehrschluss heisst das, das tausende von Generationen und Millionen von Menschen entweder sowieso polyamor waren und sind...

Ja klar. Was wäre falsch daran? Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Menschen polyamor fühlt, dies aber aus gelernten Gründen verdrängt.

*****al4:
...oder schlicht nicht lieben konnten oder können.

Was hat das damit zu tun?

*****al4:
Oder wollt Ihr die Menschen nicht sehen, die ihre Beziehungen definitiv exclusiv und monogam leben - und zwar sexuell, und über diese Beziehung hinaus sehr wohl andere Menschen lieben, aber eben definitiv nicht sexuell?

Verstehe ich nicht. Genau die meine ich doch. Die fühlen polyamor, leben aber monogam. Why not?
*****al4 Mann
795 Beiträge
Trigon, ich nehme an, das deine Fragen scherzhaft gemeint sind.
Ja, es ist anmaßend. Eine liebevolle Haltung, ein offenes Herz und fühlbare Zuneigung ist etwas ganz tolles - und etwas, das viele Menschen haben. Auch die, die sich nur einem Menschen gegenüber ganz nackt ausziehen.

****on:
Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Menschen polyamor fühlt, dies aber aus gelernten Gründen verdrängt.

Genau das meine ich. Diese anmaßende und völlig acht- und lieblose Bewerterei. Nein, Trigon, ich kenne ganz viele Menschen, die in einer monogamen Beziehung leben und andere Menschen dennoch lieben und das nicht verdrängen. Die mit anderen Menschen ganz enge und ganz liebevolle Beziehungen haben, und die die körperliche Intimität bewusst mit nur ihrem Partner leben. Die sind nicht alle doof, Trigon.
****on Mann
16.042 Beiträge
*****al4:
Trigon, ich kenne ganz viele Menschen, die in einer monogamen Beziehung leben und andere Menschen dennoch lieben und das nicht verdrängen. Die mit anderen Menschen ganz enge und ganz liebevolle Beziehungen haben, und die die körperliche Intimität bewusst mit nur ihrem Partner leben. Die sind nicht alle doof, Trigon.

Wieso sollen die doof oder nicht doof sein? Ich habe noch nicht greifen können, was dich aufregt.

Polyamorie ist die Fähigkeit, mehrere Menschen parallel zu lieben. Diese Fähigkeit besitzen die Meisten, behaupte ich mal. Also fühlen die meisten Menschen polyamor. Vielleicht liege ich damit falsch - aber warum ist das ein Aufreger-Thema?
Also mir fallen zwei Richtungen von Dogmatik auf. Einmal die, die (ich meine das nicht abwertend) irgendwie mit Sex recht moralisch umgehen, also in dem Sinne, dass ein Polyamorer auch nur das Bedürfnis haben sollte, Sex (wenn überhaupt) nur innerhalb einer ganz festen Liebesbeziehung zu haben. Oder eben dass Polyamorie mit Sex gar nichts zu tun habe. Das ist für mich noch jein Problem, eher die Abwertung anderer, die da öfter mal mitschwingt.

Und dann eben die, die meinen, dass Polyamorie aus flüchtigeren sexuellen Beziehungen besteht, weil da ja auch irgendwie Liebe drin steckt und komplett unverbindlich bleiben.

Ich finde das Hin und Her darüber etwas ermündend. Ich möchte einen freien Umgang mit Beziehungen. Es entwickelt sich das, was beide wollen. Polyamor ist es in meinem Empfinden dann, wenn ich auch in Liebesbeziehung zu diesem Menschen gehe. Ich kann auch "nur" sexuelle Begenungen haben. Das schließt sich bei Polyamorie nicht aus.

Die Schwierigkeit mit der Polyamorie besteht für mich darin, dass ich es real innerhalb unserer sozialen Strukturen leben will und eben auch und vor allem mehrere Beziehungen intensiver pflegen möchte. Daraus ergeben sich völlig andere Konflikte, als wenn ich exklusiv monogam leben würde oder monogam mit einer "rein geistigen" Liebe, bei der aber praktisch kaum Beziehung gesucht oder gepflegt wird.

Und ja, da ich nicht asexuell bin, ist eine Liebesbeziehung auch erotisch.

Was andere für sich definieren, ist für mich nicht so relevant. Aber ich denke, dass ich in einem Polyforum eher Menschen finde, mit denen man sich über das eigene Erleben austauschen kann. Die jeweiligen Beziehungsstrukuren können sehr individuell sein, aber mit den oben genannten beiden Dogmatismen kann ich wenig anfangen.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.