@Chennai
In einer guten Beziehung werden sich die Beteiligten sicher darüber einig werden, worüber noch gesprochen werden muss. Dazu bedarf es keiner Regel, die sie gängelt, sich über alle Details auszutauschen. Diese zwanghafte Vorgabe bemängle ich, und nicht das Gespräch an sich.
Würdest du bitte freundlicher Weise zur Kenntnis nehmen, dass es sich bei "Offenheit und Ehrlichkeit untereinander" (ggf. auch ausgedrückt durch "im gegenseitigen Wissen und Einverständnis") nicht um eine vorgegebene Regel, sondern um ein grundlegendes Merkmal polyamorer Beziehungen handelt. Natürlich kann jeder auch "heimlich" polyamor denken und fühlen, aber es heimlich zu leben widerspricht dem Grundgedanken der Polyamory, ja der Liebe überhaupt. Denn Heimlichkeit gegenüber dem Partner bedeutet letztendlich Lügen, und das zerstört Vertrauen. Ohne Vertrauen aber keine Liebe. Vielleicht stark vereinfacht, aber im Grunde ist es so.
Es gibt auch Menschen, denen genügt das Wissen, ob der Partner polyamor fühlt, denkt, handelt, weil sie sich bereits sehr offen mit allen möglichen Beziehungsformen auseinandergesetzt haben.
Und? Damit handeln sie doch mit Wissen und Einverständnis des Partners - oder nicht? Wobei ich auch noch nie erlebt habe, dass sich polyamore Menschen dann nicht auch über ihre weiteren Beziehungen austauschen ...
Ich kenne auch den Sonderfall, dass jemand in einer Fern-Ehe sich zusätzlich verliebt hat, die Ehefrau der Liebe zustimmt, die neue Liebe aber Monoamory bevorzugt. ...
... aber die neue Liebe weiß, dass ihr Lover verheiratet ist.... Diese 3 leben seit Jahren in gut funktionierenden Beziehungen, obwohl (oder gerade weil) die zweite Liebe nicht über alles aus der anderen Beziehung wissen will. ...
Hat irgend jemand postuliert, dass jeder alles über jeden anderen (also jedes Detail) wissen muss? Aber das Wesentliche - und das wäre hier zumindest, dass die Geliebte weiß, dass ihr Geliebter verheiratet ist, seine Frau auch sehr liebt und sie nicht wegen ihr verlassen wird.
Und ich gehe mal davon aus, dass es so ist und er ihr sie nicht eventuell in einem anderen Glauben lässt, nur damit sie die Beziehung zu ihm nicht beendet (das würde für mich seine Liebe zu ihr deutlich in Frage stellen - und damit natürlich auch die gelebte Polyamory)
Sie stimmt auch nicht wohlwollend zu, wenn Freizeit oder Urlaub anders geplant sind als sie sich das wünscht, aber sie toleriert alle Entscheidungen. Auch das ist Liebe!!
Sie ist letztlich damit einverstanden. Und letztlich auch wohlwollend, sonst würde sie ihm eine Szene machen, zetern und vielleicht versuchen, ihn zu erpressen ("sonst verlasse ich dich").In diesem Fall wäre es aber keine polyamore Beziehung mehr. Er mag polyamor sein und auch so leben, aber die Beziehung zu der geliebten verdient in meinen Augen nicht mehr die Bezeichnung "Liebesbeziehung". Wobei das vielleicht wieder von der persönlichen Ansicht über Liebe abhängt. Besitzergreifen, Einengen und Belügen widersprechen bei mir der Liebe.
Ich habe in der Wikipedia übrigens vor Jahren mal angeregt, dass der Zusatz "meist" oder "i.d.R." dem Teil "mit vollem Wissen und Einverständnis" vorangestellt wird. Wurde abgeschmettert mit der Begründung, das sei ja dann kein Polyamory mehr.
Nachvollziehbar.Weil das parallele und Führen mehrerer auf Liebe aufbauender Beziehungen über längere Zeit nur funktionieren kann, wenn jeder weiß, dass es da noch weitere Lieben gibt. Und wenn jemand damit nicht einverstanden ist, so wird er sich auch nicht liebevoll in so ein Konstrukt einbinden wollen und können.
Und mehr ist damit doch gar nicht gesagt. Wie weit dann weitere Informationen über diese Beziehungen ausgetauscht werden oder diese sogar gemeinsam als Mehrfachbeziehung gestaltet werden - das sind dann die vielfältigen individuellen Ausgestaltungen der Polyamory - vom gedulteten Nebeneinander (wie in deinem Beispiel) bis zu einem kommuneartigen Miteinander aller.
Für den, der selbst polyamor fühlt und lebt, kann man diesen Teilsatz in der Beschreibung, was Polyamory ausmacht, auch weglassen - weil es für ihn selbstverständlich ist.
Für alle anderen ist es aber ein wichtiges Abgrenzungsmerkmal (neben der Liebe zu allen Partnern) zu heimlichen Fremdgehern und anderen Leuten, die heimlich mehrere Beziehungen parallel führen (zu Heimlichkeit gegenüber dem Partner und Liebe -> Siehe oben).