Polyamorie - für mich selbst
Liebe PolyamorysIch habe hier schon viel mitgelesen und mir so meine Gedanken gemacht. Wie kam ich denn dazu, Poly zu sein? Ich war es halt einfach... hab von einer Bekannten davon gehört und mir mal den Wikipedia Artikel dazu gelesen. Das hat mir ziemlich die Augen geöffnet, so im Sinne von, es gibt ja einen Namen für das, was ich empfinde...
Aber dann beginnt ja das eigentliche, wie lebt man Poly? Ich habe mich in letzter Zeit mit einigen Menschen, die mir irgend in einer Form wichtig waren, darüber unterhalten/geschrieben, und mir viele Gedanken darüber gemacht. Nicht nur über Polyamorie, sondern auch über die Liebe an sich. Wenn ich hier manche Threads lese, läuft es mir regelrecht kalt den Rücken runter, denn so oft bekomme ich das Gefühl, dass man doch irgendwie komisch ist als Poly, dass man sich unter- und einordnen sollte in das "normale" System, oder wie man sich am besten unauffällig in eben diesem verhält. Ich habe dazu keine Antworten...
Für mich ist Liebe eher zu beschreiben als eine Energie, sie umgibt uns alle, ob wir wollen oder nicht... aber viele Menschen können/wollen sich erfolgreich dagegen abschotten, dünkt es mich jedenfalls. Für einen Menschen Liebe zu empfinden, oder aber "nur" freundschaftliche Gefühle, ist es nicht ein und dasselbe Gefühl, welches sich ausschliesslich in der Intensität unterscheidet? und ist es unter diesem Gesichtspunkt nicht viel einfacher, sich vorzustellen, die verschieden starken "Liebesgefühle" für die verschiedenen Menschen zuzulassen? Es ist ja für jeden in Ordnung, viele Freunde zu haben... (jaja das wirft weitere Gedanken auf, die ich auch schon hatte, aber ich will’s hier mal nicht zu weit treiben)
Aber von wegen zulassen, ich erlebe immer wieder, dass die Menschen nicht in erster Linie ein Problem damit haben, Liebe zu geben, sondern, diese zu empfangen, eben zu zu lassen. Als ob sie dadurch in einer Schuld stehen würden. Manche fühlen sich regelrecht in eine Ecke gedrängt, als ob sie sich entscheiden müssten. Was viele ja leider auch denken im allgemein bekannten 2er-Kiste-System... und dann, wenn sie aufhören anzunehmen, denken sie, sie müssten auch aufhören zu geben, dass sie nicht immer so viel bekommen, was sie ja gar nicht wollen... ein Teufelskreis... den könnte man auch umkehren, in einen sich positiv verstärkenden Engelskreis!
Aber was ist nun Polyamorie für mich, warum bezeichne ich mich als polyamor? Poly = mehr, mehrfach und amor = Liebe, liebend. Nein ich mache keine Unterschiede zwischen Freundschaft und Liebe wie sie meist definiert werden. Ich passe wohl am besten in die Gruppe Polyamorie, weil ich Liebe leben möchte, in all ihren Facetten, mich zu ihr [Liebe] bekenne, sie aus meiner Umgebung beziehe (nicht entziehe) und sie an diese abgebe... ich lasse sie durch mich hindurch fliessen, lasse mich von ihr färben, und färbe sie mit mir.... und mit meiner Umgebung meine ich nicht nur den Luftraum um mich herum, sondern halt alles, Mitmenschen, Tiere, Pflanzen, meinetwegen auch Möbel. Ich meine damit nicht, dass ich mich in meinen Bürostuhl verlieben würde, versucht mich richtig zu verstehen, ich spreche von der Liebe im Sinne von Energie. Halt dass ich "Ausstrahlung" habe, und meine Umgebung damit "positiv" beeinflusse und gestalte.
Natürlich gelingt mir das nicht immer, das wäre ja schön, aber wenn ich kann, versuche ich es aktiv.
Das ist einer der Gründe warum es für mich keine Unterschiede gibt. Ich meine es so: Es ist mir prinzipiell egal wie ein Mensch aussieht, wie alt er ist oder welches Geschlecht er hat, solange mich seine, ihn umgebende Energie [ja, Liebe], anspricht, berührt, sich mit mir austauscht, in einem schönen, positiven Sinn. Nicht in einem "raubenden, aussaugenden". Diese Leute gibt es auch, da muss man sich schützen. Dazu vielleicht ein andermal. Aber ja, das bedeutet auch, dass jeder Mensch für sich und seine Liebe/Energie selbst verantwortlich ist. Logisch, jeder hat mal einen schlechten Tag, und ist froh von den Mitmenschen getragen zu werden, aber man kann sich doch nicht dauerhaft darauf verlassen. Jeder muss mit sich selber im reinen sein, sich selber lieben, sich selbst genügen... und nicht bloss darauf hoffen, den einen oder die mehreren Partner zu finden, die einen täglich füttern und hochheben aus dem alltagssumpf. Aber ich schweife ab...
Was das mit Polyamorie im Sinne dieser Gruppe zu tun hat? Ich weiss es nicht genau. Vielleicht so: Schränkt euch nicht ein, lebt Liebe für euch selbst, wie auch immer sie sich in euch äussert. Wenn ihr euch zu einem Mann hingezogen fühlt, und er sich zu euch, tauscht diese wundervolle Energie mit ihm aus [liebt ihn, und lasst euch von ihm lieben], seid offen zu ihm, lasst ihn wissen/spüren, dass ihr eure Liebe/Freundschaft/Energie nicht beschränkt auf eine Person, sondern dass ihr sie aktiv fliessen lassen wollt... (Wie mehrere Freunde haben) Dann gibt es da vielleicht noch eine Frau, die euch anzieht? liebt auch sie und lasst euch lieben. ob sich das äussert, weil ihr einfach gerne mit dieser Person zusammen seid, euch austauscht, kommuniziert, oder auch einander Wärme und Nähe gebt, oder Sex, spielt es wirklich eine Rolle, welchen Namen wir diesem wundervollen Gefühl geben? Freundschaft, Liebe, Energie, was auch immer... macht es wie mit einer Religion in einer ökumenischen Gemeinschaft, es gibt viele Namen für denselben Gott. Für mich ist genau das was religiöse Menschen als Gott, Jahwe, Allah oder wie auch immer Bezeichnen, genau dasselbe wie Energie, Wärme, Liebe, Freundschaft. Es ist, was mir gut tut, und wie ich andern gut tun möchte. Es ist dasselbe Gefühl, das ich auch für ein Kind habe, oder für einen älteren Mitmenschen, den ich über die Strasse führe, oder für ein Haustier... einfach in einer anderen Ausprägung.
Ja da brennt doch jetzt noch diese andere Frage auf der Zunge, was ist denn mit Sex?!! Sex ist eine wunderschöne Sache, Ausdruck der Verschmelzung, des Teilens, Vertrauens, Ergänzens, ... Sex macht Spass! natürlich habe ich nur Sex mit Menschen, deren Energie mich positiv anspricht. Sexuelle Anziehung kann auch ohne das grosse rundherum funktionieren (sprich ohne Beziehung), aber auch da muss ja ein gutes Gefühl vorausgehen, sonst würde ich mich nicht auf diese Person einlassen. Und was anderes als Liebe/Freundschaft/Energie ist "ein gutes Gefühl"? es ist nur wiedermal eine andere Ausprägung davon.
Also ja, ich finde es geht beides ohne das andere, ich kann ja nicht mit jedem, für den ich freundschaftliche Gefühle habe, auch ins Bett gehen. Aber extrem wird es dann, wenn die Energie/Liebe so gross/stark ist, dass es auch der Rest der Welt als Liebe identifizieren würde, und wenn dann auch noch die sexuelle Anziehung dazu kommt, und vielleicht sogar noch die spirituelle, als dritte Ebene, dann ist zum einen der Sex viel schöner und besser, zum anderen auch die Liebe und eben, die Spiritualität. Man ergänzt sich, hilft sich gegenseitig das Beste aus sich heraus zu bringen, zu blühen, auf ein höheres Energielevel zu kommen, aber auch sich zu Erden… Oder was auch immer aus Liebe noch so entstehen kann, dazu habt ihr bestimmt noch mehr Gedanken
Aber ob das nun mit einer Person ist, oder mit mehreren, oder abwechselnd, nebeneinander, miteinander, nacheinander, Liebe und Sex gemischt oder getrennt, das muss jeder für sich herausfinden. Ich für meinen Teil möchte einmal heiraten und Kinder haben. Ich denke nicht, dass ich dadurch in meiner Polyamorie eingeschränkt werde, denn mein Partner versteht mich und vertraut mir, und ich ihn/ihm, was auch immer das dann für uns bedeutet und beinhaltet. Fazit, lebt nicht polyamor, weil es diese Gruppe gibt, oder weil ihr euch nicht entscheiden könnt, mit wem ihr euer Kind aufziehen wollt, Sex habt, oder zusammen lebt, sondern weil ihr Liebe habt und diese teilen und leben wollt, in allen erdenklichen Formen, Farben und Grössen… Ich denke es gibt nicht die eine polyamore Lebensform, die für jeden irgendwie passt. Ich behaupte auch nicht, dass meine Worte allgemeingültig sind, oder für überhaupt jemand anderen gelten als für mich selbst. Ich weiss ja auch nicht, was mir die Zukunft bringt… Ich hoffe ich bin euch nicht auf die Füsse getrampelt mit meinen Gedanken... freue mich aber, wenn ich eure anregen konnte
Liebe Grüsse!