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Das Peter-Prinzip und die Polyamorie

Das Peter-Prinzip und die Polyamorie
Irgendwie habe ich so den Verdacht, dass ich für diesen Thread gesteinigt werde. Denn es ist so gut wie unmöglich, die Sender-Empfänger-Problematik – also das, was ich beabsichtige mitzuteilen und das, was bei Euch gefühlt ankommt – bei so einem Thema in den Griff zu bekommen. Deshalb vorab: Das, was ich hier schreibe, sind lediglich meine Überlegungen, die sich aus meiner persönlichen Geschichte und Beobachtungen mit bekannten polyamoren Singles und Paaren ergeben. Keines meiner Worte beinhaltet eine Wertung, sagt aus, dass ich besser bin. Ich möchte einfach Gedankenaustausch, um zu erfahren, wie Ihr das so seht:

Die Grundüberlegung war:

Es gibt eine Reihe polyamor empfindender Menschen, die einen Wunsch nach einer wie auch immer ausgestalteten Polybeziehung hegen. Sei es, dass sie überhaupt erst einmal so eine Beziehung eingehen wollen, oder auch, dass ausgehend von einer bestehenden Beziehungsform, eine andere/anspruchsvollere/reizvollere angestrebt wird.

Es gibt Menschen, denen gelingt das. Andere versuchen sich schon lange in der Ausgestaltung, doch das Ziel ist nach wie vor in weiter Ferne bzw. im Reich der Träume.

Warum ist das so? Liegt es daran, dass es „zu wenig“ Polys gibt? Dass man im falschen Ort wohnt? Oder dass alle Menschen, denen man begegnet, eben nicht die Richtigen sind? Ich glaube nicht. Das hieße, die Ursachen ins Außen zu verlagern, im Leben ein beliebter Weg – alle anderen bzw. die Umstände sind schuld – aber selten wahr und zielführend. Naheliegender ist es zu schauen, was im Innen der Verwirklichung im Weg steht.

Es gibt aus meiner Sicht zwei Determinanten, die das „Innen“ verkörpern, die beteiligten Menschen einerseits und die angestrebte Beziehungsform als Gedankenkonstrukt/Ziel andererseits. Beide müssen zusammen passen, damit aus Traum Realität werden kann.

Und jetzt kommt das Peter-Prinzip ins Spiel. Dessen Kernsatz ist:
„In einer Hierarchie neigt jeder Beschäftigte dazu, bis zu seiner Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.“
Einzige Einschränkung: Die Hierarchie muss hoch genug sein; sprich genügend Hierarchie-Stufen enthalten.
Quelle: Wikipedia

Man sieht, es geht beim Peter-Prinzip, wie oben ausgeführt, auch um Menschen und deren Konstrukte bzw. Hierarchien.

Meine These:

Polyamore – wie auch alle anderen - Beziehungen sind mit Hierarchien vergleichbar. Somit neigen auch hier die beteiligten Menschen dazu, bis zu ihrer Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.


Denn man kann ohne große Gedankenverrenkungen auf die Idee kommen, die unterschiedlichen Beziehungsformen als hierarchische Konstrukte mit unterschiedlichen (Schwierigkeits)Ebenen zu begreifen.

Daraus folgt, es gibt wie in Hierarchien keine kausale „immer wenn dann“ Verknüpfung für zwischenmenschliche Beziehungen.

Beispiele für das kausale Denken: Wenn ich ein guter Kassierer bin, werde ich auch ein guter Marktleiter sein. Bzw. wenn ich polyamor fühle, kann ich auch polyamore Beziehungen führen. Oder: Wenn eine polyamore Beziehungsform für mich lebbar war, ist es auch eine andere.

Jeder, der sich entscheidet, ein polyamores Leben zu führen, weiß oder ahnt, dass dieser Weg ein höheres Maß an Fähigkeiten auf vielen Ebenen erfordert, als ein Leben als Single oder monoamores Paar. Und auch die polyamoren Beziehungsformen unterscheiden sich, wie wir wissen, nochmals in Bezug auf die Anforderungen für alle Beteiligten. Denn es ist ein Unterschied, ob es mir genügt, unabhängige Sternbeziehungen zu führen (non-Primary-Modell), ich das Primary-Modell in unterschiedlichen Ausprägungen präferiere oder gleichberechtigte Mehrfachbeziehungen als offene oder geschlossene Netzwerke. Einverstanden?

Jede polyamore Beziehungsform erfordert neben vielen gleichen ebensoviele höhere Fähigkeiten, so wie das Anforderungsprofil einer Stellenausschreibung für einen Kassierer ein anderes ist, als für einen Supermarktleiter. Es geht also um Kompetenzen.
Wenn eine angestrebte Beziehungsform trotz stetiger Anstrengungen in weiter Ferne bleibt, lohnt es sich, genau diese zwingend nötigen Kompetenzen bewusst zu machen und anschließend für sich selbst und den/die Partner ehrlich zu hinterfragen. Denn es ist gut möglich, dass die Stufe der persönlichen Inkompetenz (Peter nennt es Endplatzierung, weil keine weitere „Beförderung“/Entwicklung mehr möglich ist) erreicht ist, und deshalb das Ziel unerreichbar bleibt bzw. Illusion ist. Nur dazu wäre es erforderlich zu erkennen, dass die postulierten Fähigkeiten eben nicht vorhanden sind.
An dieser Stelle greift ein zweiter Mechanismus, der es schwer macht, dass relativ ehrlich und objektiv zu beurteilen:

Als Dunning-Kruger-Effekt bezeichnet man die Tendenz inkompetenter Menschen, das eigene Können zu überschätzen und die Leistungen kompetenterer Personen zu unterschätzen.
„Wenn jemand inkompetent ist, dann kann er nicht wissen, dass er inkompetent ist. […] Die Fähigkeiten, die man braucht, um eine richtige Lösung zu finden, [sind] genau jene Fähigkeiten, um zu entscheiden, wann eine Lösung richtig ist.“
– DAVID DUNNING
Sie kamen zum Resultat, dass weniger kompetente Personen
 dazu neigen, ihre eigenen Fähigkeiten zu überschätzen,
 überlegene Fähigkeiten bei anderen nicht erkennen,
 das Ausmaß ihrer Inkompetenz nicht zu erkennen vermögen,
 durch Bildung oder Übung nicht nur ihre Kompetenz steigern, sondern auch lernen können, sich und andere besser einzuschätzen.
Quelle: Wikipedia

Und nun? Wie kriegt man – so man gewillt ist – es dennoch raus, ob man inkompetent bzw. endplatziert ist? Die Beispiele von L. J. Peter helfen da nicht wirklich weiter. Hinzu kommt, dass ein Beteiligter, mehrere oder alle die Endplatzierung erreicht haben können. Dennoch sollte das Nichterreichen der Ziele über einen langen Zeitraum, Leid, viele Fehlversuche, Verschleiß von Menschen und Lieben zumindest stutzig machen.

UND: Es gibt bestimmte Kernkompetenzen und nachfolgend Aufgaben, die sich für jede Beziehungsform benennen lassen. Und man kann sich die Frage stellen, ob und wer in dem Beziehungskonstrukt die Befähigung/Kompetenz besitzt, diese Aufgaben zu lösen. Oder, werden die Aufgaben zur Zielerreichung überhaupt angegangen? Beschäftigen sich alle oder einige Beteiligten der Beziehung mit Ersatzhandlungen, wie ständige Vorbereitung, Spezialisierung auf Nebensächliches, Einbildung statt Leistung? Wird die „Schuld“ für die Nichtverwirklichung immer noch im Außen – bevorzugt bei potentiellen neuen Partnern oder widrigen Umständen – gesucht?

Es gibt laut L. J. Peter folgende Grundformen der Unfähigkeit:
• Überschreiten der physischen Leistungsfähigkeit
• Zu geringe Fähigkeiten im Umgang mit Menschen
• Zu geringe emotionale Fähigkeiten
• Zu geringe geistige Fähigkeiten

Ich möchte ergänzen Angst und innere Enge.

Ich habe vor Längerem einmal das, was ich in jeder Partnerschaft an Fähigkeiten für wichtig halte, so zusammengefasst:

Solche Werte sind für mich, Liebe und Selbstreflexion vorausgesetzt:

  • Liebevolles Verständnis
  • Die Mitfreude, ein weites Herz, gönnen können
  • Den Partner nicht verbiegen zu wollen
  • Treue zum Partner, ihn nicht im Stich zu lassen auch wenn er gerade sehr schräg drauf ist
  • Seine Andersartigkeit als Bereicherung anzusehen
  • Verlässlichkeit und Beständigkeit
  • Den Partner dort abzuholen, wo er gerade in seiner Entwicklung steht und ihn liebevoll zu begleiten
  • Bereitschaft zur persönlichen Weiterentwicklung
  • Unrecht einzusehen
  • Bereitschaft zu verzeihen, auf den anderen zuzugehen
  • Den Partner nie willkürlich aus der Gemeinschaft ausszuschließen
  • Verantwortung für eigenes Tun, Gedanken und Gefühle übernehmen
  • Keine Delegation von Schuld (jeder kehrt vor seiner eigenen Tür)
  • Kein Tolerieren von Manipulationsversuchen und Verunglimpfung
  • Das Einhalten von Absprachen und Vereinbarungen, keine Willkür
  • Integrationswille (die dazugehörige Fähigkeit wird dann hoffentlich mitwachsen)
  • die Anerkenntnis dessen was ist und gelebt werden will, auch wenn es zunächst Angst macht


Diese Liste ist und soll nicht vollständig sein. Denn jede Beziehungsform hat darüberhinaus ihre speziellen Anforderungen, die ich noch nicht mal erahnen kann, weil ich gar nicht weiß, wie Ihr – als hoffentlich geneigte Leser – leben wollt.

Nehmen wir mal an, ich habe festgestellt, dass ich auf meiner Stufe der Inkompetenz angekommen bin. Das ist kein Grund zu traurig zu sein. Es gibt Auswege aus der Misere. Die einfachste Möglichkeit ist, einfach einen Schritt zurückzugehen, genau zu der Beziehungsform, die als letzte funktioniert hat und sich für alle Beteiligten stimmig anfühlte. Dafür kenne ich einige Beispiele, sie stellen nicht die schlechteste Variante dar. Zumal man von hier aus auch in aller Ruhe die zweite Möglichkeit angehen kann. Sie ist weiter oben beschrieben im Dunning-Kruger-Effekt, nämlich die Kompetenz in den Bereichen der Schwachstellen durch Übung oder Weiterbildung zu steigern, und so doch noch dem Ziel näher zu kommen. Wobei man sich der eigenen Möglichkeiten und Ressourcen bewusst machen sollte. Nicht in jedem Schauspieler steckt das Potential zum Präsidenten der USA.

Das Ganze, was ich versuchte auszuführen, ist nicht vollständig, hat auch nicht den Anspruch. Es lag mir aber am Herzen, es zumindest in den Eckpunkten anzureißen.

So, jetzt trau ich mich mal, das als Thread einzustellen und freue mich auf spannende Beiträge und inspirierende Ergänzungen oder konträre Meinungen.

Herzlich
*blume*
Falcon_Fly
*****gra Frau
5.087 Beiträge
Dank an Dich - @falcon_Fly
..für diese sehr tiefgehende und spannende Darstellung.
Für mich ist das grad ziemlich erhellend, weil ich immer noch und ständig wieder auf der Suche nach den Kompetenzen/Inkompetenzen , Gründen für Entwicklungen/ besonders auch Nicht-Entwicklungen in (meinen) Beziehungen und bei mir selber , den Grenzen und Erweiterungen des Denkens und Fühlens usw., bin.
Und da passt das Hierarchie-Modell, und die beiden Prinzipien sehr gut in den Gedankenweg. Aber ich muss das mehrfach lesen und gut d e n k e n.

Mich beschäftigt dabei, ob sich das auch auf Gefühlswelten , die so emotional unke-denklich sind, übertragen lässt , oder eher für Oranisationsfragen und Alltagsmodelle gilt.

Es ist sehr interessant, wie Deine schöne stimmige Liste dessen, was in Partnerschaften an Fähigkeiten da sein soll, ein wenig zur Abhakliste wird: hab ich, hat er - hab ich nicht, hat er nicht.

Und dann immer wieder, die Frage der Verbindlichkeit und Verlässlichkeit von gelebter Liebe in jeder Art von Poly-Beziehung
( ich habe erfahren, wie schwierig das ist, wenn einer der Beteiligten nicht hinschaut, sich versteckt und schweigt ).
Ist da vielleicht die Stufe der individuellen Unfähigkeit zu suchen?

*herz*lich
Alllegra
studie
******Bln Mann
2.686 Beiträge
Noch komplizierter wird es, wenn man glaubt A-Z zu können, dafür auch bestätigende Hinweise von Dritten hat, es aber immer wieder auch Pannen gibt, die eher das Gegenteil besagen würden.

Da kollidieren Selbst- und Fremdbild dann ganz heftig, und um die eigene Integrität zu wahren, konzenriert man sich wieder auf seine Stärken, bis zur nächsten Panne....
***ks Mann
400 Beiträge
Beziehungen sollten nicht hierarchisch sein
Polyamore – wie auch alle anderen - Beziehungen sind mit Hierarchien vergleichbar. Somit neigen auch hier die beteiligten Menschen dazu, bis zu ihrer Stufe der Unfähigkeit aufzusteigen.

Ich hatte schon einige Beziehungen, aber keine davon war hierarchisch gelebt. Aus meiner Sicht ist diese Aussage schlichtweg falsch.

Ich persönlich wünsche eine Beziehung auf Augenhöhe und nix anderes.
*****gra Frau
5.087 Beiträge
nicht
die Menschen haben die Hierarchie *zwinker*
Die begegnen sich auf Augenhöhe.

Es ist das Gedanken- und Fähigkeitengefüge, das möglicherweise hierarchisch ist.
***ks Mann
400 Beiträge
kann das bitte jemand näher erläutern
Es ist das Gedanken- und Fähigkeitengefüge, das möglicherweise hierarchisch ist.

Bisher dachte ich daß Hierarchien für Personen gilt.
****iel Mann
113 Beiträge
Nein, so ist es nicht. Der Begriff ist vielseitiger verwendbar:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hierarchie

Falls der Link nicht genehmigt wird: Einfach bei Wikipedia das Wort "Hierarchie" als Suchbegriff eingeben.

LG,
Ezeqiel
*****gra Frau
5.087 Beiträge
Erklären
...könnten das sicher falcon_fly. Oder sorbas:-)
Sie hebt mit ihren Thesen ja im Ausgangstext genau auf die Begriffsvirlseitigkeit ab.
Ich habs irgendwie klar im Kopf, kann es aber nicht treffend erklären.
***ks Mann
400 Beiträge
In der Wikipedia steht, daß im Zusammenhang von sozialen Systemen Hierarchien oft mit Verhältnissen von Herrschaft und Autorität verbunden. sind.

Und genau das ist es was ich in einer Beziehung nicht möchte. Beim Sex schon, bin ja Dom.

Für mich ist die These dieses Themas darum nicht richtig. Die ganzen Schlußfolgerungen erst recht nicht.
Aber vielleicht gibt es ja glückliche Paare in einer hierachischen Beziehung?
*****gra Frau
5.087 Beiträge
ups
da steht aber noch viel mehr, was zum Thread passen könnte:

Hierarchien

" ....in sozialen Systemen basieren häufig auf Bedürfnissen und emotionalen Abhängigkeiten gegenüber von Höheren zu leistenden Beiträgen zu Gunsten seiner Mitglieder"

" System von Elementen, die einander über- bzw. untergeordnet sind"

Passt doch zum Poly-Bereich, denn auch da gibt es verschiedenste Abhängigkeiten, mit stärkeren und schwächeren Mitgliedern.
Wenn es nicht gut läuft, gibt es auch tapfere Verlierer und bewusste Gewinner.

Jeder Bezugsbereich sucht sich das raus, was er braucht:
Politik
Wirtschaft
Soziale Systeme
Lebensmodelle
...
*****gra Frau
5.087 Beiträge
@felixxBin
...was ja dann die These von Falcon_fly bestätigen würde.

Aufstieg----Abstieg : stetig wiederholt im Pannenrhythmus
*******nder Frau
15 Beiträge
....
in diesem Zusammenhang sehe ich Hierarchie nicht zwischenmenschlich, wer steht höher als der andere, sondern die Form der polyamoren Beziehungen und Vernetzungen.
Die "untereste" Stufe (wertfrei!!) ist die monogame Beziehung, dann z.B. eine offene Beziehung wo jeder eine Affaire hat, etc.
Für mich ist die Hierachie, die Art und Größe der Herausforderung an die polyamore Beziehung.

Ohje, ob das zu verstehen ist.

LG Elfe
******_tg Mann
69 Beiträge
spannende Gedanken
Liebe falcon_Fly

du formulierst spannende Gedanken - besonders für mich, der sich als Organisationsberater in Hierarchien bewegt.

ich verstehe deine Gedanken als Metaphern, um Ordnung ins Chaos zu bringen und Ansatzpunkte für Entwicklung zu finden.

was mich anspricht: durch Reflexion (mich im Spiegel anschauen) kann ich erkennen, wo ich stehe und in welchen Themen ich mich entwickeln darf, um im Leben weiter zu kommen. Denn ich gehe auch von der Annahme aus, dass die Herausforderungen im Innern liegen und nicht in der Welt da draussen.

Herzlich
Christian
*****gra Frau
5.087 Beiträge
anders bei mir
ich schaue auf die Menschen in dem Polygeflecht:

• sie sind fähig, zu zweit zu leben in Liebe
• kommt eine weitere Person dazu, werden von allen viele besondere Fähigkeiten gebraucht, um das liebe-voll zu leben
• und dann macht sich unter Umständen die Unfähigkeit bemerkbar, es zwar zu zweit zu können , aber nicht zu dritt

umgekehrt gilt das auch:

Es war einmal ein Dreiergeflecht
und es hat eine zeitlang funktioniert
bis wieder eine(r) unfähig war, das weiter zu leben in Liebe.
Also Schritt runter in der Hierarchie - wieder zu zweit im Wesentlcihen.
( und es bleibt dann ja auch jemand zurück)
*********79sb Mann
49 Beiträge
Zum Begriff Hierarchie und warum Peter nicht zutrifft
Ich sehe das wie Elfenwunder.

Die TE:
Und auch die polyamoren Beziehungsformen unterscheiden sich, wie wir wissen, nochmals in Bezug auf die Anforderungen für alle Beteiligten. Denn es ist ein Unterschied, ob es mir genügt, unabhängige Sternbeziehungen zu führen (non-Primary-Modell), ich das Primary-Modell in unterschiedlichen Ausprägungen präferiere oder gleichberechtigte Mehrfachbeziehungen als offene oder geschlossene Netzwerke.

Ich denke die TE spricht von einer Hierarchie verschiedener Poly-Beziehungs-Typen untereinander.

Also Sternbeziehung ist einfacher als Primary
Primary ist einfacher als offenes Netzwerk, usw.

Dem stimme ich soweit zu, als dass das Anforderungsniveau tendenziell steigt. Wobei vielleicht auch manchmal gänzlich andere Anforderungen benötigt werden, die nicht hierarchisch zuordenbar sind. Dies sehe ich sowohl bei Poly-Beziehungs-Typen als auch im Supermarkt: Nicht jeder erfolgreiche Supermarktleiter wäre ein freundlicher und flinker Kassierer.

Die Übertragbarkeit des Peter-Prinzips auf Poly-Beziehungs-Typen stelle ich jedoch in Frage.
In der Wirtschaft ist ganz klar erkennbar, was Mitarbeiter dazu motiviert, so lange aufzusteigen, bis sie "endplatziert" sind. Es geht um Geld und Prestige. Vor allem würde ich mal sagen Geld. Je weiter oben in der Hierarchie sie sich befinden, desto mehr kommt aufs Konto.

Die TE unterstellt Polys ein ähnliches Bestreben:
dass ausgehend von einer bestehenden Beziehungsform, eine andere/anspruchsvollere/reizvollere angestrebt wird.

Aber warum sollte man/frau das tun wollen?
Nur weil die Beziehungsform per se als "anspruchsvoller" gilt?

Die Anreizsysteme aus der Wirtschaft greifen nicht und daher würde ich sagen, dass das Peter-Prinzip nicht übetragbar ist.

Ich finde den Eingangspost dennoch als sehr gelungen und es bleibt tatsächlich zu ergründen, warum sich manche Menschen an bestimmten Beziehungsformen veruchen, obwohl ein Scheitern objektiv vorhersehbar ist. Der erwähnte Dunning-Kruger-Effekt allein bietet da bereits einen guten Erklärungsansatz ohne den Begriff "Hierarchie" bemühen zu müssen.

Was meint ihr?
Profilbild
********enzo Mann
853 Beiträge
In der Wirtschaft ist ganz klar erkennbar, was Mitarbeiter dazu motiviert, so lange aufzusteigen, bis sie "endplatziert" sind. Es geht um Geld und Prestige. Vor allem würde ich mal sagen Geld.

Geld motiviert in der Wirtschaft längst nicht so sehr wie es ihm zugeschrieben wird. Denn wer von Euch strengt sich schon deutlich "mehr" an weil ihm eventuell am Jahresende ein Weihnachtsgeld erwartet? Geld ist ein sehr, sehr flüchtiges Motivationsmittel.

@***ks:

Es geht in den Gedankengängen der TE nicht um eine Hierachie zwischen Partnern sondern um eine Evolution (Hierachie) der Beziehungsformen.
Wir starten zunächst alle als Singel und dann wachsen wir. Die einen bleiben Singel, die anderen sind in monogamen Beziehungen und wieder andere wachsen noch weiter und werden Poly.
Jeder Mensch kann also nur so weit beziehungsmäßig weiterentwickeln (wachsen), wie es seine Ressourcen und Fähigkeiten erlauben.

Auch wenn dies eine "Wertung" der Beziehungen impliziert, so finde die Gedankengänge unserer TE extrem spannend.

LG
Brian
*****s42 Mann
11.865 Beiträge
Da sitzt man mal ein paar Stunden im Flieger, und dann verpasst man so ein schönes Thema hier fast *ggg*

Es geht in den Gedankengängen der TE nicht um eine Hierachie zwischen Partnern sondern um eine Evolution (Hierachie) der Beziehungsformen. ...
Danke, genau so hätte ich es wohl auch formuliert.

Wobei sich natürlich die Frage stellt: Ist die Polyamory in der Hierarchie über oder unter der Monoamory?

Ein Versuch, das näher zu erläutern:
Wenn man beginnt, sich für die Liebe und für Partnerschaften zu interessieren, dann ergeben sich soooo viele Möglichkeiten. Allerdings wurden wir ja gesellschaftlich konditioniert, also nutzen wir diese vielen potentiellen Beziehungen nicht gleichzeitig, sondern versuchen uns in einer einzelnen Paar-Beziehung. Und dann in der nächsten, in der nächsten, ...

Zumindest läuft es bei sehr vielen Jugendlichen in der Pubertät so: völlig verliebt, 3 Wochen später die Trennung, die Welt bricht zusammen und 3 Tage später beginnt das Spiel von vorn mit neuen Darstellern ... *zwinker*

Ich unterstelle jetzt mal: Wären wir nicht durch die Gesellschaft auf Mono konditioniert, würden wir in dieser Phase wohl polyamor die Lieben ausleben, dabei lernen, worauf es ankommt, und es würden sich einige wenige (vielleicht auch nur eine) Liebe(n) herauskristiallisieren, die dann langfristig bestehen bleiben.

Ohne die moralische "Keule" wär also vielleicht die letztliche Selektion einer einzigen Liebesbeziehung über die Jahre hinweg der Entwicklungsweg. *gruebel*

Vielleicht ist das ja auch der Grund, warum eben so viele an der (aufgezwungenen) Monoamory scheitern *zwinker*
Ups, danke für die Beiträge und die Komplimente *smile*. Werde mich wohl langsam durcharbeiten... Zunächst dies:

@***ks

Ich hatte schon einige Beziehungen, aber keine davon war hierarchisch gelebt. Aus meiner Sicht ist diese Aussage schlichtweg falsch.

Ich persönlich wünsche eine Beziehung auf Augenhöhe und nix anderes.

Ich freue mich über Deinen Beitrag und Deinen Widerspruch. Aber in der Tat hast Du meine Intention fehlinterpretiert. Ich habe schon in einigen Beiträgen hier im Forum meine Meinung zu Hierarchien innerhalb einer Polybeziehung zum Ausdruck gebracht. Ich kann und WILL das so nicht leben. Aber es gibt viele polyamore Beziehungen (Primary-Modell), die genau so funktionieren... vielleicht auch nur so. Und das darf ausdrücklich sein, sogar der richtige Weg für diese Menschen sein, solange ich nicht mitmachen muss *g*.

Vielleicht kannst Du mir recht geben, dass die Poly-Form "Gleichberechtigung/Gleichwertigkeit), die Du als einzig richtige empfindest, andere Fähigkeiten von den beteiligten Personen erfordert, als alle anderen auch existenten Formen. Und dann wären wir schon einer Meinung *ja*. Nur, dass ich auch noch behaupte, dass diese Formen sich hierarchisieren lassen, ergo das Peter Prinzip (die Hierarchie der Unfähigkeit) ins Spiel kommt, mit all seinen oft schmerzlichen Konsequenzen für die Menschen, die ja eigentlich guten Willens sind.

Herzlich
Falcon_Fly
@****as

Wobei sich natürlich die Frage stellt: Ist die Polyamory in der Hierarchie über oder unter der Monoamory?

Diese Frage stellt sich für mich nicht. Es ist völlig egal. Die Anforderungen an monoamore Beziehungen unterscheiden sich in vielen Punkten von denen, der Polys. Es könnte sein, dass ebensoviele Monos bei der Gestaltung von Polybeziehungen scheitern, wie umgekehrt.

Anforderungen ergeben nach meiner These Kompetenzen, habe ich die nicht, ist meine Stufe der Unfähigkeit erreicht, und das Drama beginnt. Egal ob oben oder unten in der Hierarchie.

*blume*
Falcon
@*********79sb

Die TE unterstellt Polys ein ähnliches Bestreben:
dass ausgehend von einer bestehenden Beziehungsform, eine andere/anspruchsvollere/reizvollere angestrebt wird.

Aber warum sollte man/frau das tun wollen?
Nur weil die Beziehungsform per se als "anspruchsvoller" gilt?

Nö. *g* Vielleicht gibt es einen oder mehrere Beteiligte, denen die bestehende Beziehungsform auf Dauer zu eng geworden ist, anderes reizvoller, freier weiter erscheint... vielleicht will man sich und/oder anderen etwas beweisen... ich weiß es nicht, aber es ist Tatsache, dass es immer wieder Wechsel in Beziehungsformen gibt:

  • Swinger werden Polys und umgekehrt
  • Polys werden wieder Monos
  • Primarybeziehungen werden offenen Netzwerke usw. usf.


Es ist mir auch gleich, ob man eine Beziehungsform höher oder tiefer in der Hierarchie ansiedeln möchte. Mir sind nur die unterschiedlichen persönlichen Fähigkeiten und Kompetenzen wichtig, die in der einen Beziehungsform sehr von nutzen sein können, in der anderen eine geringe Rolle spielen oder eben gar nicht vorhanden sind. Wie käme sonst die Inkompetenz zustande (ohne die der Dunning-Kruger-Effekt gar nicht zur Sprache käme), die zuvor - in der vorherigen Beziehungsform - nicht da war? Deshalb lasse ich mir das Peter-Prinzip in diesem Zusammenhang auch nicht so schnell ausreden *ggg*.

*herz*lich
Falcon
Wow...
Bin fasziniert wie man etwas so einfaches wie Liebe zu mehr als einem Menschen so zerreden kann...

Von meinem "Fall" ausgehend:
Bin verheiratet, habe mich in eine andere Frau verliebt, war einfach so passiert, alle beteiligten wissen Bescheid und kommen gut damit zurecht.

So, fertig...

Nix geplant, kein "Konstrukt", kein Lifestyle...
*****s42 Mann
11.865 Beiträge
Anforderungen ergeben nach meiner These Kompetenzen, habe ich die nicht, ist meine Stufe der Unfähigkeit erreicht, und das Drama beginnt. Egal ob oben oder unten in der Hierarchie.
Brauche ich nicht viel höhere Kompetenzen an z.B. Zuwendung, Disziplin und Selbstvertrauen, um eine stabile monoamore Beziehung dauerhaft zu gestalten, wenn es den gesellschaftlichen Druck nicht gäbe?

(Es ist ein reines Gedankenexperiment - denn es gibt den Moraldruck zur Monoamory ja. Ich habe aber volle Hochachtung vor denjenigen, die eine solche Beziehung offen, ehrlich und liebevoll über Jahrzehnte von Innen heraus schaffen.)
*****gra Frau
5.087 Beiträge
Jede
Stellungnahme ist okay.
Nur möchte ich hier nicht von 'zerreden' ausgehen.
Es ist ein Denkansatz, ein spannender und anregender.
Jeder kann darin finden oder auch nicht.
...denn sooooo. simpel ist das mit der Liebe zu mehreren Menschen nicht immer
Ja, Sorbas, das stimme ich Dir zu... sofern ich so etwas leben möchte, ist es sicher eine der größten Herausforderungen überhaupt.

Dennoch beweisen gerade die vielen Fremdgeher und die hohen Scheidungsraten, dass zahlreiche monoamore Paare ihre Stufe der Inkompetenz recht schnell erreicht haben. Vielleicht wären sie in anderen Beziehungsformen besser aufgehoben...

Aber jetzt mal ehrlich. Wenn ich alle möglichen menschlichen Beziehungsformen hier hätte unter die Lupe nehmen wollen, hätte ich gleich eine Doktorarbeit einreichen können, oder vermutlich hätte ich dann die Stufe meiner Inkompetenz erreicht *zwinker*

Herzlich
Falcon
*****gra Frau
5.087 Beiträge
Stimmt , sorbas
...sagt eine die 4 Jahrzehnte glücklich verheiratet ist und poly fühlt:
Zuwendung, Disziplin, Selbstvertrauen, Flexibilität, Kommunikation, Toleranz, Nähe und Distanz, Eigenes und Anderes, Wille und Weg, Konflikt- und Leidensfähigkeit, Zähigkeit und Konfrontation, LIEBE und Vieles mehr.

Ob mit oder ohne gesellschaftlichen Druck... Die Menschen müssen es miteinander tun wollen. Insofern haben wir unsere Stufe der Inkompetenz nicht erreicht. Müssen wir ja auch nicht.
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