sie schreibt
warum ist eine gute frage. irgendwie habe ich schon immer gemerkt, dass ich beziehungstechnisch anders ticke als andere.
ich habe nie so ganz verstanden, warum man nur einer person ein "exklusivitätsrecht" einräumen kann (wenn man kinder hat,liebt man die ja auch alle gleichermaßen, z.b.) außerdem verstehe ich bis heute die atitüde manchen menschen in monogamen beziehungen nicht, ihren partner wie eigentum zu behandeln über das man die verfügungsgewalt hat ("MEIN mann").
es gibt sicher auch andere monogame beziehungen und ich möchte keinesfalls die monogamie an sich verteufeln (das muss jeder selbst wissen) aber es scheint gesellschaftlich völlig aktepziert und toleriert zu werden, wenn menschen andere menschen wie dinge behandeln, die ihnen gehören.
irgendwann habe ich mich dazu entschlossen, dass ich keine monogame beziehung mehr führen will. das hat sicherlich auch damit zu tun, dass ich sexuelle treue irgendwie albern finde.
sex wird ohnehin komisch behandelt in unserer gesellschaft: es wird völlig tabuisiert, zu einem großen mysterium erhoben über das man am besten gar nicht spricht und wenn dann nur unter der bettdecke im dunkel. gleichzeitig wird man überall mit seinen sexuellen trieben geködert, das fängt ja schon bei der werbung an oder menschen setzen sex als druckmittel im zwischenmenschlichen bereich oder im job ein. die aussage "we are oversexed and underfuckt" trifft es eigentlich ganz gut.
diese ambivalenz verstehe ich nicht und werde ich wahrscheinlich auch nie verstehen. ich habe daher für mich sex und sexualmoral aus der gedanklichen schmuddelecke geholt und die zu dem gemacht, was sie für mich ist: eine schöne sache, die menschen verbindet (zumindest für den moment) und die ich bereit in zu teilen. so wuchs in mir der wunsch nach einer offenen beziehung, der sich dann später in eine gelebte polyamore beziehung verwandelte.
ich bin davon überzeugt, dass man mehrere menschen gleichwertig lieben und für sie verantwortung übernehmen kann ohne dass dabei irgendetwas auf der strecke bleibt.
es ist nur ab und an schwer diese überzeugung in ein gefühl zu übersetzen, gerade in momenten, wo man von eifersucht übermannt wird. und es ist manchmal schwierig, sich tatsächlich von diesem jahrundertelang kultuvierten gesellschaftlichen trend zu lösen, der uns vorgibt, angst zu haben und unsicher zu sein, wenn man dem partner oder den partnern und sich selbst sexuelle und emotionale freiheiten zugesteht.
ich habe mit sicherheit noch einiges zu lernen und hoffe gleichermaßen, dass ich niemals an einem punkt sein werde, wo ich das gefühl habe ausgelehrt zu haben. zum glück habe ich mitlerweile einen partner,mit dem ich beziehung und liebe auf eine art und weise erkunden kann, die mir bisher verwehrt geblieben ist: es ist nicht einfach seine gefühle und sorgen zu sehen, zu formulieren und zu artikulieren aber für eine polyamore partnerschaft sind diese dinge unumgänglich und mit der zeit verliert man die angst davor sich zu öffnen, weil man verstanden und ernst genommen wird.
polyamorie ist für mich mehr als eine partnerschaftsstruktur, sie ist für mich vielmehr eine art lebensphilosophie und ich bin dankbar um jede neue erfahrung um die ich sie erweitern kann.